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Die Entscheidung aus Leipzig – ein Fall für das Bundesverfassungsgericht?

Kein richtungs- und zukunftsweisendes Urteil für Diesel-Fahrzeuge. Kein richtungs- und zukunftsweisendes Urteil für Diesel-Fahrzeuge. © Pixabay

Kalte Enteignung von Millionen Autofahrern

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat zwar nicht grundsätzlich in seinem Urteil vom 27. Februar 2018 über Fahrverbote von Dieselfahrzeugen entschieden, aber einzelnen Städten wie Stuttgart und Düsseldorf erlaubt, Dieselfahrzeuge auszusperren. Geklagt hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) gegen die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, die ihrerseits gegen Urteile der Verwaltungsgerichte in Stuttgart und Düsseldorf Revision einlegten. Darüber wurde jetzt in Leipzig verhandelt. Das nun ergangene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist ein denkbar schlechtes Signal, weil es zu viele Fragen – übrigens auch in der Umsetzbarkeit in der Praxis – offenlässt. Solche Urteile, die doch im „Namen des Volkes“ erfolgen, stärken nicht das Vertrauen vieler Bürger in den Rechtsstaat.

„Kalte Enteignungen“ – Bundesverfassungsgericht ist gefragt

FDP-Chef Christian Lindner brachte es treffend auf den Punkt. Diesel-Fahrverbote kämen „ideologisch motivierten Enteignungen von Millionen Autofahrern gleich“ (der verkehrspolitische Sprecher der FDP, Oliver Luksic, wählte gar das Wort „kalte Enteignung“), denn Diesel-Fahrverbote stellen einen enormen Wertverlust für die betreffenden Fahrzeughalter dar. Da ist die Wertung des Bundesverwaltungsgerichts, „Gewisse Wertverluste sind hinzunehmen“ ,fast schon zynisch, weil Auswirkungen vor allem für sozial schwache Bevölkerungskreise völlig unberücksichtigt wurden. In Deutschland sind ca. 15 Millionen Diesel-Pkw zugelassen. Wenn davon, ganz vorsichtig gerechnet, nur 3 Millionen, bzw. 20%, Dieselfahrzeuge durch Fahrverbote wertlos bzw. unverkäuflich werden, dann ist dies ein Verlust von mindestens 10,5 Mrd. Euro. Dies sind alles, bloß keine „gewisse Wertverluste“. Das Grundgesetz (Artikel 14) gewährleistet die Unantastbarkeit des Eigentums. Eine Enteignung dürfe nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen. Und dann sei eine Entschädigung zu bestimmen. Deshalb ist das Urteil der Leipziger Richter wohl ein Fall für das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Jahrelang hat nicht zuletzt die Bundesregierung den Kauf der Dieselfahrzeuge aus Gründen des Umweltschutzes (Einhaltung der Klimaschutzziele) propagiert und jetzt soll die Zeche der Autokäufer zahlen. Unzählige Männer und Frauen, keineswegs nur Handwerker und Dienstleister, sind aus den verschiedensten Gründen auf ihr Fahrzeug angewiesen, weil auf dem Land auch nicht ansatzweise eine flächendeckende Versorgung durch den öffentlich-rechtlichen Nahverkehr gewährleistet ist. ADAC-Präsident August Markl, selbst Arzt und Radiologe, nannte in einem Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ als Beispiel für Bürger, die auf ihr Fahrzeug angewiesen seien, u.a. die alleinerziehende Mutter, die ihr Kind zum Unterricht fahre.

Gesundheit darf nicht ideologisiert werden

Natürlich ist die Gesundheit der Menschen ein hohes Gut, das zu schützen ist. Aber wer bestimmt die Grenzwerte und vor allem wie glaubhaft sind durch Interessen gelenkte Gutachten, die sozusagen in letzter Zeit dem Dieselfahrzeug alle Schuld zuweisen? Zehn Gutachten, zehn verschiedene Ergebnisse! Stimmt es überhaupt, dass die Luft so schlecht geworden ist? Viele Fachleute bestreiten das. Wie Daten des Umwelt-Bundesamtes entnommen werden kann, ist z.B. von 1990 bis 2013, also in nur 23 Jahren, eine Reduzierung der jetzt beim Diesel beanstandeten NOx-Emissionen von rund 1,6 Millionen Tonnen erreicht worden. Die Menschen werden in Deutschland – auch in den großen Städten – immer älter und ausgerechnet in Stuttgart, wo die Luftverhältnisse so bestialisch sein sollen, ist die Lebenserwartung z. B. von Frauen die höchste aller deutschen Großstädte. Also so ein Beelzebub kann das Dieselfahrzeug nicht sein, ganz abgesehen davon, dass alle angeblichen Todesfälle, für die der Diesel verantwortlich sein soll, auf statistischen Hochrechnungen beruhen.

Je nach Gutachten gibt es die verschiedensten Zahlen der vermeintlichen Todesfälle durch das Dieselfahrzeug. Die plakativ – leider ungeprüft auch in vielen Medien – erwähnten vorzeitigen Todesfälle, die durch NO2 verursacht worden seien, sehen ebenfalls zahlreiche kompetente Wissenschafter reserviert: Einer der renommiertesten Umweltmediziner, Prof. Dr. Hans Drexler, Ordinarius für Arbeits- und Sozialmedizin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, hält Angaben vorzeitiger Todesfälle in Bezug mit NO2 für wissenschaftlich nicht begründet, wie er gegenüber dem Bayernkurier sagte. Im übrigen ist die Mobilität bzw. der Straßenverkehr nur zu einem Teil für die Luftbelastungen verantwortlich.

Müssen die Bundesbürger jetzt damit rechnen, dass demnächst auch in unseren Wohnungen die Gemütlichkeit durch Kamin- und Kachelöfen dem ideologischen Wahn einer Deutschen Umwelthilfe geopfert wird? Müssen die Weinbauern oder die Bierbrauer an den Pranger, weil Todesfälle durch Alkohol vermieden werden können, wenn man Bier und Wein verbieten würde? Die Gralshüter einer vermeintlich besseren Welt sind im Erfinden neuer Schikanen sehr kreativ! Fakt ist jedenfalls, dass man mit bürokratisch in Brüssel festgelegten Immissionswerten viel Unsinn verzapfen kann; zum Beispiel die Bürger verunsichern oder wirtschaftliche und soziale Strukturen gefährden! Während in der EU der Jahresmittelwert 40 Mikrogramm je Kubikmeter Außenluft nicht überschritten werden darf, erlaubt die gewiss strenge US-Umweltbehörde EPA bis 100 Mikrogramm, also 2,5 Mal so viel. Wie denn nun? In unserem Land wird durch selbsternannte Umwelthilfen immer so getan, als ob die Belange der Gesundheit in der Entwicklung der automobilen Welt nicht berücksichtigt worden seien. Das Gegenteil ist aber der Fall. Wirklich schlechte und gesundheitsgefährliche Luft – vielleicht darf daran einmal erinnert werden und ältere Menschen haben dies bis zur deutschen Wiedervereinigung noch erlebt – hatten wir in der früheren DDR und in den damaligen Ostblockländern. Die Trabis und die alten „sozialistischen Mercedes", die damaligen nicht kaputt zu kriegenden Skoda, lassen grüssen …

Urteil nicht durchsetzbar – blinder Aktionismus – Hass gegen das Auto

Auch aus praktischen Gründen sind Fahrverbote nur bedingt überwachbar und somit nur blinder Aktionismus. So hat bereits nach dem Leipziger Urteil zu Diesel-Fahrverboten die Deutsche Polizeigewerkschaft darauf hingewiesen, dass aus Kapazitätsgründen bzw. der Personalstärke die Polizei keine Möglichkeiten für die Kontrolle der Fahrverbote habe. Bereits jetzt ist die Polizei für viele Handlungen unterbesetzt. Will man Polizeibeamte, die für ganz andere Aufgaben gebraucht werden, an sämtlichen deutschen Autobahneinfahrten der deutschen Großstädte positionieren? Oder – ein lokales Beispiel – an einem Kontrollpunkt am Verkehrsknotenpunkt Stuttgarter Pragsattel: der Rückstau, jetzt schon enorm, würde bis zur Höhe der Mercedes-Benz-Arena auf beiden Seiten des Neckars reichen. Trotz Ausnahmegenehmigungen könnte die Grundversorgung der Städte durch das Speditionsgewerbe gefährdet werden und viele Kommunen würden Kaufkraft verlieren bzw. veröden.

Es sind andere politische und technische Lösungen gefragt und keine Befriedigungen der Eitelkeiten und Wichtigtuerei für die Kleinstorganisation Deutsche Umwelthilfe (DUH), bei der man den Verdacht haben darf, dass es ihr überhaupt nicht um die Luftverbesserung geht, sondern um einen Kampf gegen das verhasste Automobil. Beweis: Unmittelbar nach dem Urteil hat Jürgen Resch, Geschäftsführer der DUH, bereits neue Feindbilder auserkoren, den Benzinmotor und selbst den Elektroantrieb. Freilich ist am Agieren von Resch und seiner DUH die Bundesregierung nicht schuldlos. Wie kann es sein, dass die deutsche Verkehrspolitik von einer Miniorganisation wie die der DUH, durchaus lautstark und in befreundeten Medien präsent, bestimmt wird? Wie kann es sein, dass die DUH immer noch politische Privilegien unter einem fadenscheinigen Vorwand genießt? Wie kann es sein, dass eine fanatische Organisation unter Vorspiegelung der Umweltinteressen Schlüsselindustrien mit ihren Arbeitsplätzen gefährdet?

 

Letzte Änderung am Donnerstag, 01 März 2018 10:19
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag