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Bitte keine italienischen Verhältnisse:

Bitte keine italienischen Verhältnisse: © Deutscher Bundestag / Marc-Steffen Unger

Deutschland braucht eine stabile Regierung

Die Deutschen haben gewählt und sie haben den Unionsparteien einen deutlichen Sieg zugesprochen. Wenn die Union fast 50% der Mandate im Bundestag erreichte, dann muss man dies einfach als Auftrag des deutschen Volkes so respektieren. Dann sollte man weder mit Tricks noch mit theoretischen Spielereien drohen, demnach rechnerisch eine rot-rot-grüne Bundesregierung möglich sei.

Deutschlands führende Tageszeitungen, die FAZ und die Süddeutsche Zeitung, haben jeweils ganzseitige Stimmkreiskarten Deutschlands veröffentlicht und die zeigen ganz klar, dass die überwältigende Mehrheit der Direktmandate an die Unionsparteien gingen. Hätten wir z.B. ein angelsächsisches Wahlrecht, könnten sich die Unionsparteien auf eine Zweidrittel-Mehrheit stützen. Ganze Bundesländer – nicht nur die erfolgreichsten Länder Bayern und Baden-Württemberg – haben geschlossen in den Wahlkreisen den Unionskandidaten gewählt. Wenn die „Süddeutsche Zeitung“ aufgrund des Wahlergebnisses von der „Schwarzen Republik“ schreibt, dann muss sich ein derartiges Ergebnis auch im Regierungsauftrag zeigen. Schließlich muss eine Regierungsbildung den Willen des Volkes widerspiegeln.

„Politik ist weder eine Wissenschaft, noch eine Kunst“, sagte einmal Heinrich Böll. Sie sei ein von Tag zu Tag sich neu orientierter Pragmatismus. Weil dies aber so ist, wäre es in einer Demokratie unsinnig, wenn, bei allem Verständnis für einen Frust, die Wahlverlierer die Rolle einer beleidigten Leberwurst einnehmen. Deshalb kann man nur wünschen, dass es relativ rasch zu einer vernünftigen Koalition kommt. In einer Koalition, keine Frage, wird man immer Kompromisse eingehen müssen. Deutschland kann sich als führende europäische Wirtschaftsnation keine wochenlangen Scharmützel leisten. Wohin so etwas führt, sieht man in Italien. Dies an einige Hitzköpfe, die sich verweigern wollen. Dafür hätte das deutsche Volk kein Verständnis. Deutschland, und dies war und ist seine Stärke, braucht eine stabile Regierung und diese kann nach Lage der Dinge aufgrund des Wahlergebnisses derzeit nur durch eine Große Koalition gebildet werden – auch, wenn man an die Verhältnisse im Bundesrat denkt. Es ist übrigens nicht zutreffend, wenn man auch in den Medien der SPD einredet, dass sie in einer Großen Koalition aufgerieben würde. Es gibt andere Erfahrungen. Wir hatten auch eine Große Koalition, 1966 – 1969, nach der bei der folgenden Wahl der kleinere Koalitionspartner SPD deutlich zulegte und dann 1969 mit Willy Brandt den Bundeskanzler stellte.

Realistische Gewerkschaften

Die deutschen Gewerkschaften sind bei der derzeitigen Beurteilung der politischen Lage realistisch. So zieht IG-Metall-Chef Berthold Huber jetzt klar eine Große Koalition vor. Die Gewerkschaften erkennen, dass eine Exportnation wie Deutschland Arbeitsplätze sichert und diese Exportnation braucht stabile politische Rahmenbedingungen. Man stelle sich einmal ein rot-rot-grünes „Gewurschtel“ vor – unendliche Abstimmungsprozesse, die schon bei einer Zweierkoalition nicht einfach sind. Wie soll dies bei drei Parteien – die Linke wäre ja dabei – funktionieren? Die Linke als größte kleine Partei würde ja mehr Kompetenzen verlangen. Würden dies die Grünen akzeptieren?

Die SPD ist eine Volkspartei, die auch einen linken Flügel hat. Aber viele Befürworter dieses Flügels für rot-rot-grün machen die Rechnung ohne den Wirt. Wer sagt denn, ob die Grünen da überhaupt mitmachen? „Bürgerliche Grüne" um den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann jedenfalls nicht.

Nein – rot-rot-grün ist bei dem vorliegenden Wahlergebnis unrealistisch und würde übrigens auch zu einer Polarisierung innerhalb Deutschlands führen. Genau dies hat die SPD auch erkannt und deshalb will sie – von ihrem linken Flügel, der insbesondere von dem unrealistischen Ralf Stegner aus Schleswig-Holstein repräsentiert wird, einmal abgesehen – mit der Linkspartei nichts zu tun haben. Auf Dauer würden eine rot-rot-grüne Bundesregierung die Bürger in Bayern und in Baden-Wüttemberg als wichtige Motoren und Nettozahler in den Länderfinanzausgleich nicht akzeptieren.

Es gibt in Bayern durchaus ernstzunehmende Stimmen – nicht nur das CSU-Vorstandsmitglied Wilfried Scharnagl (siehe sein Buch „Bayern kann es auch allein – Plädoyer für den eigenen Staat“) –, die im Falle des Falles nicht alles aus Berlin mitmachen. Wir leben in seltsamen Zeiten. Die Schotten wollen 2014 aus dem Vereinigten Königreich, die Wallonen und Flamen zanken sich in Belgien, Katalonien mit dem Zentrum Barcelona will von Spanien weg. Eigentlich ist dies alles unsinnig – aber die Menschen fühlen sich von den Zentralregierungen vernachlässigt. Um derartige separatistische Stimmungen zu verhindern, braucht Deutschland eine stabile Regierung.

 

Letzte Änderung am Mittwoch, 03 Mai 2017 13:39
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag