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Neue Konfrontation gegen China

VW-Mega-Werk im chinesischen Foshan VW-Mega-Werk im chinesischen Foshan © VW

So unnötig wie ein Kropf

In wenigen Wochen, am 11. Oktober 2022, sollte eigentlich eine diplomatische und wirtschaftliche Erfolgsgeschichte gefeiert werden, nämlich das 50-jährige Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China. Walter Scheel, der damalige Außenminister Deutschlands, unterzeichnete 1972 in Peking die Vereinbarung zur Aufnahme der diplomatischen Beziehungen. Doch 50 Jahre später hat die aktuelle deutsche Außenministerin Baerbock auch nicht ansatzweise das Format ihres damaligen Amtsvorgängers Scheel und gefällt sich in der Rolle der Befeuerung eines gefährlichen China-Bashing. Leider machen die deutschen Medien überwiegend kritiklos mit. Eigentlich unverständlich und unverantwortlich.

2021 war China (politisch, wirtschaftlich und auch militärisch längst eine Weltmacht) zum sechsten Mal der wichtigste Handelspartner Deutschlands. Das Handelsvolumen Deutschland-China rangierte 2021 mit 245,9 Milliarden Euro deutlich vor der entsprechenden Zahl mit den USA (194,4 Milliarden Euro). Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), hat daher zurecht vor Sanktionen und einer politisch verordneten Reduzierung des Handels mit China gewarnt. Ohne den Absatzmarkt China kann man getrost nicht nur die deutsche Automobilindustrie vergessen. Allein beim VW-Konzern betrugen die Fahrzeugverkäufe bzw. der Gesamtabsatz des gesamten Konzerns inklusive Audi in China 49 bzw. 42% (Audi) und auch bei Mercedes-Benz und BMW entfallen über ein Drittel der Verkäufe auf den chinesischen Markt mit über 1,4 Milliarden Einwohnern (zum Vergleich: USA 329,5 Millionen).

Nach den Russland-Sanktionen auch China?

Umso mehr überrascht nach den Schwierigkeiten der Russland-Sanktionen, die Deutschland und seine Bevölkerung mit der größten wirtschaftlichen und finanziellen Herausforderung nach dem Ende des 2. Weltkrieges konfrontieren, die Eröffnung einer völlig unnötigen neuen „Baustelle“: Drohungen gegenüber dem Partner China. Die wirtschafts- und außenpolitisch völlig überforderte Außenministerin Annalena Baerbock zeichnet sich dabei durch Inkompetenz aus. Bereits im Dezember 2021 kritisierte sie China als „Systemkonkurrenten“ und drohte, dem Land den Zugang zu den europäischen Märkten zu erschweren. Vorgeschoben wurde Taiwan. „Wir akzeptieren nicht, wenn ein größerer Nachbar seinen kleineren Nachbarn überfällt – und das gilt natürlich auch für China – gerade in diesen Tagen“, sagte Baerbock jüngst in New York. Dabei übernahm sie die Diktion der US-Administration. Völlig unnötig wurde eine militärische Krise herbeigeredet. Dabei vergleicht die Außenministerin Taiwan mit den Ereignissen in der Ukraine. Doch ein Blick auf die Landkarte (und auch die Geschichtskenntnisse) unterstreichen, dass Taiwan – übrigens auch schon von der gemeinsamen Sprache und Kultur her – immer zu China gehörte. Es sei auch daran erinnert, dass seit dem 25. Oktober 1971 laut der UN-Resolution 2758 die Volksrepublik China „die alleinige rechtmäßige Vertreterin Chinas“ in der UNO ist. Vorher war Taiwan völlig unverständlich Mitglied im ständigen Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.

Geostrategische Machtansprüche der USA

Geht es der aktuellen deutschen Politik überhaupt nicht um „vorgeschobene westliche Werte“, die weltweit und auch in Taiwan verteidigt werden müssten oder um geostrategische Interessen der USA, die um den Verlust ihrer globalen Vormachtstellung fürchten? Die USA, das geben sie ganz offen zu, wollen unangefochten die Weltmacht Nummer Eins bleiben, koste es was es wolle. Biedert sich Deutschland den USA zu Lasten der deutsch-französischen Allianz und Freundschaft an? Die zu einseitigen Bekenntnisse der Ampel-Regierung zu den USA (egal was diese machen), sieht man übrigens im Elysée-Palast durch Präsident Macron (immerhin ist Frankreich nach dem Austritt von UK die einzige Atommacht der EU) durchaus mit gemischten Gefühlen. Schon einmal gab es in der deutschen Außenpolitik einen Streit zwischen den „Atlantikern“ unter dem Kanzler Ludwig Erhard und andererseits Franz Josef Strauß, der mehr eine europäische Allianz des Tandems Frankreich/Deutschland anstrebte.

Aktuell wurde jetzt die Taiwan-Frage durch den jüngsten Besuch von Nancy Pelosi, Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, völlig unnötig als US-Machtdemonstration verschärft. Was würde aber geschehen, wenn China tatsächlich in Taiwan militärisch eingreift? Will dann Deutschland wiederum in Nibelungentreue zum Schwert der Sanktionen, diesmal gegenüber China, greifen?  Es wäre der endgültige wirtschaftliche Bankrott Deutschlands.

Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag