Politik - Märkte - Energie - Mobilität

  • Startseite
  • Aktuelles
  • Die „Volksabstimmung“ zur Kernenergie hat andere Themen in Baden-Württemberg überlagert:

Die „Volksabstimmung“ zur Kernenergie hat andere Themen in Baden-Württemberg überlagert:

Die „Volksabstimmung“ zur Kernenergie hat andere Themen in Baden-Württemberg überlagert: www.winfried-kretschmann.de

Hoffentlich kein Pyrrhussieg für Grün-Rot im „Muschterländle“

Die Landtagswahl in Baden-Württemberg vom 27. März 2011 hat die gleichzeitig stattfindende Wahl in Rheinland-Pfalz fast zur Nebensache degradiert. Abgestimmt wurde im „Ländle“ offenbar nicht über die Frage, ob die sehr erfolgreiche Position des Landes fortgeführt werden soll – die Wahlberechtigten des Südweststaates haben die Landtagswahl zu einer Volksabstimmung über die Kernenergie umfunktioniert. Zu stark waren die Eindrücke der Bilder und Nachrichten der japanischen Atomkatastrophe in Fukushima.

Die schier unendliche und jahrelange Diskussion über die Berechtigung oder Nichtberechtigung der Kernenergie in Deutschland, wurde durch die japanischen Ereignisse beflügelt. Wir haben es schon unmittelbar nach der Katastrophe geschrieben: Japan bedeutet das Ende der Kernenergie – zumindest in Deutschland. Ob es neue Technologien gibt, neue sicherere Reaktoren, ob das Ausland weiterhin auf die Kernenergie setzt, ob die deutschen Kernkraftwerke für eine gewisse Zeit noch eine Brückenfunktion einnehmen sollen – alles uninteressant, dies sind Fragen von gestern, die Diskussion und die Darstellung in den Medien hat alles überrollt. In Deutschland hat, ob die Bürger damit richtig oder falsch liegen, die Kernenergie keine mehrheitliche Akzeptanz in der Bevölkerung. Parteien, die dies nicht begreifen, brauchen erst gar nicht mehr anzutreten. Auch die Energiewirtschaft ist gut beraten, dieser Tatsache ins Auge zu sehen – man mag dies energiepolitisch bedauern, aber so ist nun einmal die Lage in Deutschland.

Die Wähler in Baden-Württemberg haben der CDU und den Liberalen nicht abgenommen, dass sie sich in der Bewertung der Kernenergie vom Saulus zum Paulus entwickelt hätten. Deshalb wird nun nach 58 Jahren in Baden-Württemberg die CDU zunächst einmal nicht mehr den Ministerpräsidenten stellen. Wie lange diese Entwicklung anhält, wird man abwarten müssen. Was ist nun die Folge? Die Welt wird wohl wegen Baden-Württemberg nicht untergehen. Gleichwohl ist es bedauerlich, dass die sehr gute Position des Landes Baden-Württemberg jetzt keine Würdigung erfahren hat. Baden-Württemberg ist zusammen mit Bayern eine kräftige Zuglokomotive und dies nicht nur für Deutschland.

Warum haben die Wähler die Ausnahmeposition nicht gewürdigt? Weil die apokalyptischen Bilder aus Japan alles überdeckten – die Bürger haben Angst! Und dennoch hat die CDU fast alle Direktmandate der Wahlkreise gewonnen. Immerhin blieb die Union mit 39% die mit großem Abstand stärkste Partei. Fast 15% liegen zwischen der Union und den Grünen! Schwach waren, und dies im Kernland der FDP, die Liberalen mit kümmerlichen 5,3%. Trotz spektakulärer Zuwächse der Grünen auf 24,2% hätte dies alles nicht gereicht, wenn die japanische Katastrophe nicht eingetreten wäre. Dies hat dem bisherigen Regierungsbündnis mindestens 3 Prozentpunkte gekostet. Hinzu kam, dass der Kurzzeit-Ministerpräsident Stefan Mappus leider kein Sympathieträger war und ist. Unvergessen war auch die wüste Prügelei durch die Staatsmacht bei Demonstrationen zu Stuttgart 21. Ganz anders da Winfried Kretschmann von den Grünen, ein Mann so ganz und gar nicht nach dem üblichen Strickmuster führender Repräsentanten der Partei. Ein von der Ausstrahlung und Anständigkeit bodenständiger und erzkonservativer Mann, der, hätte man es nicht gewusst, der klassische Frontmann der CDU hätte sein können.

Alles wenn und aber hat aber jetzt keinen Zweck – der neue Ministerpräsident wird wohl Winfried Kretschmann heißen, und dies ist ein Grüner und kein Sozialdemokrat. Für die SPD besteht nämlich absolut kein Grund zur Übermütigkeit. Dass eine so traditionsreiche Partei mit ihrer schon peinlichen Anbiederung an die Grünen in Baden-Württemberg mit lächerlichen 23,1% zur Nummer drei degradiert wurde, ist fast schon ein Stück aus dem Tollhaus. Die SPD befindet sich, Hamburg war die Ausnahme, auf dem Wege zur Sektiererpartei. Die traditionellen Anhänger laufen ihr weg und die Jugend und die Intellektuellen strömen in Massen zu den Grünen. Die Öffnung zur Mitte, von Altkanzler Schröder so hervorragend angegangen, ist leider schon wieder vergessen. Entweder wird die Partei ein Wurmfortsatz der Linkspartei kommunistischer Prägung – dann ohnehin Ade –, oder sie entwickelt sich zum bedingungslosen Juniorpartner der Grünen, wie jetzt im „Ländle“. Wie da Nils Schmid verkünden kann, „wir haben es geschafft“ bleibt wohl sein Geheimnis. Zu welch einem Preis? Baden-Württemberg hat so mächtige Industriestädte wie Stuttgart und Mannheim mit einer traditionell starken Arbeiterschaft und dann verkümmert die SPD etwa in Stuttgart I, wo die Grünen sage und schreibe 41,5% holten, zur Bedeutungslosigkeit.

Und die Zukunft?

Wie geht es jetzt weiter? Es würde schon viel Talent dazugehören, ein derartig starkes Land wie Baden-Württemberg an die Wand zu fahren. Aber die Stunde der Wahrheit wird ganz schnell kommen. Jetzt hilft kein Fähnchen-Schwenken mehr; wie geht es beim Jahrhundertprojekt Stuttgart 21 weiter? Was macht die neue Regierung mit ihrem Energieriesen EnBW? Wie sieht es real, wenn es jetzt im Schwarzwald zum Schwur kommt, beim geplanten Pumpspeicherkraftwerk Atdorf aus? Dies wäre ein Vorzeigeprojekt – siehe weitere Seite in dieser Ausgabe – der regenerativen Energieerzeugung. Schon bald wird Grün-Rot dankbar sein müssen, dass auf der Basis der verteufelten Kohle höchstmoderne, effiziente und durchaus klimaschonende Kohlekraftwerke im Karlsruher Rheinhafen und als Erweiterungsblock 9 des Großkraftwerkes (GKM) in Mannheim demnächst für Energie sorgen. Dies umso mehr, als ja Neckarwestheim I nicht mehr ans Netz gehen soll und auch die anderen KKW-Blöcke in Baden-Württemberg keine Zukunft mehr haben. Wie will die neue Landesregierung starke mittelständische Weltplayer wie den Tunnelbohrspezialisten Herrenknecht als Investor bei der Stange halten? Zur Schweiz ist es nicht weit!

Dagegen sein, ist eine Seite, Gestalten eine andere. Auch Grün-Rot wird der „Macht des Faktischen“ unterliegen, etwa wenn es darum geht, Anwohner z.B. für neue Stromtrassen für den Transport der Windenergie aus dem hohen Norden zu gewinnen. Und schließlich wird auch der brave Kretschmann mit der Tatsache leben müssen, dass direkt an der Landesgrenze die Schweizer das Kernkraftwerk Leibstadt in Betrieb haben und dass von der Grünen-Hochburg Freiburg/Breisgau das französische Fessenheim (KKW) gerade einmal gut 20 Kilometer entfernt ist. In einer fundamentalistischen Partei Verantwortung zu übernehmen, kann ein Himmelfahrtskommando sein. Dies hat Claudia Roth als Befürworterin der Olympiabewerbung München 2018 erleben müssen, als sie aus dem Bewerbungskuratorium ausschied, weil die „Parteibasis“ dagegen ist.

 

Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag