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„Die neue Gaswelt“ der Grünen/Bündnis 90

Vor wenigen Tagen wurde in Kiel durch die Stadtwerke eines der modernsten Gasmotoren-Kraftwerke Europas in Betrieb genommen. Vor wenigen Tagen wurde in Kiel durch die Stadtwerke eines der modernsten Gasmotoren-Kraftwerke Europas in Betrieb genommen. © Stadtwerk Kiel

Ein neues Feindbild für das Klima

Viele kritische Beobachter der selbsternannten Umweltpartei haben es geahnt; man hätte Wetten abschließen können: Im Klimawahn sind die Grünen/Bündnis 90 in ihrer ausgeprägten Verbots- und Verhinderungskultur besonders erfindungsreich. Nach der Kernenergie (von deren Diskussion die Partei argumentativ in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens „lebte“) und der folgenden Stimmung auch gegen die Stromerzeugung mit der Kohle, hat die fundamentalistische Partei der Grünen/Bündnis 90 eine neue Stossrichtung gegen den Energieträger Gas gestartet. Kurz auf einen Nenner gebracht: Kernenergie besiegt, Diesel und Kohle zur Strecke gebracht und jetzt geht es an das neue „Feindbild“ der Partei, Gas!

Eigentlich ist ein derartiger Wahn bei der deutschen Energiewende nicht mehr zu überbieten und man wundert sich, wie lange die Öffentlichkeit braucht, um das Spiel zu durchschauen. Das Klima muss ja seit einigen Jahren medienwirksam insbesondere in Deutschland für alles herhalten. Egal ob es heiß oder kalt ist, irgendwo auf der Welt Dämme brechen oder Wirbelstürme wüten, ob Dürren herrschen oder Wälder (leider oft sogar wie in Australien auch angezündet) brennen – der klimafeindliche Mensch (als ob es diesen gäbe) ist aus der Sicht der ideologischen Weltverbesserer immer verantwortlich. Es wird ja nicht bestritten; selbstverständlich unterliegt das Klima, das übrigens bei Hochwasserkatastrophen in Deutschland gerne mit dem Wetter verwechselt wird, natürlichen Veränderungen. Wahr ist aber auch, dass es Dürren, extreme Hitzeperioden oder Wirbelstürme schon in extremen Auswüchsen gab, als keine Fahrzeuge, keine Industrie und keine Kohlekraftwerke auf der Erde in Betrieb gewesen sind.

Zurecht hat daher jetzt US-Präsident Donald Trump auf dem „World Economic Forum 2020“ in Davos darauf hingewiesen, dass „Untergangspropheten“ der bald eintretenden Apokalypse abzulehnen sind: „Sie sind die Erben der törichten Wahrsager von gestern; sie sagten eine Überbevölkerungskrise in den 1960er Jahren, einen Massenhunger in den 1970er Jahren und ein Ende des Öls in den 1990er Jahren voraus. Diese Panikmacher fordern immer das Gleiche: Absolute Macht, jeden Aspekt unseres Lebens zu beherrschen, zu verändern und zu kontrollieren“, sagte der Präsident.

„Die grüne Gas-Welt“ der Grünen – Deutschland würde ohne Gas frieren

Indirekt knüpft die jetzt veröffentlichte und von der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen in Auftrag gegebene Studie „Die neue Gaswelt – zum klimagerechten Umbau des Gassektors“ an die Aussagen von Trump an. Nun könnte man sich es einfach machen und die Frage stellen, was von einer „Studie“ zu halten ist, die eine Partei mit einer bestimmten Weltanschauung bei der Agentur für Erneuerbare Energien veranlasst hat. Es ist zumindest naheliegend, dass da gewisse Aussagen projiziert werden. Einige Thesen der „Studie“ lassen sich relativ einfach für den Wirtschaftsstandort Deutschland widerlegen. Der Gasbedarf in Deutschland würde – so die Studie – deutlich sinken. Gebäude würden dank verbesserter Effizienz ohne Gas auskommen und das dann immer noch benötigte reduzierte Gasvolumen müsse auf der Basis von synthetischen „grüne Gase“ gedeckt werden. Ach wenn dies doch nur so einfach wäre.

Gas wird in Deutschland wesentlich in drei Bereichen gebraucht: Wärmemarkt bzw. privater Bereich für Heizen und Kochen; Stromerzeugung durch innovative Gaskraftwerke und schließlich für industrielle Fertigungsabläufe etwa in der chemischen Industrie. Die derzeitig Energiewende – mehr schlecht als gut praktiziert – wird plakativ in der Öffentlichkeit vorwiegend mit der Stromerzeugung gesehen. Der industrielle Bereich (Stahl, Zement, Chemie), für den regenerative Energien weitgehend ungeeignet sind, wird gerne ausgeklammert. In Deutschland wurden schon energieintensive Industriebetriebe zur Sicherung der Netzstabilität temporär abgeschaltet. Und schließlich: keine Energiewende funktioniert ohne den Wärme- bzw. Heizungsmarkt.

Wir haben in Deutschland (Quelle BDEW) 40,6 Millionen Wohnungen in 18,9 Millionen Gebäuden. Erdgas – sogar zunehmende Tendenz – ist derzeit mit einem Anteil von 49,3% bei den Gebäuden bzw. 48,2% in den Wohnungen der wichtigste Träger im Heizsektor. Er ist aus guten Gründen beliebt. Praktisch wird bereits jetzt jede zweite Wohnung mit Erdgas beheizt. Im großen Flächenland Niedersachsen beträgt der Anteil des Energieträgers Gas im Wärmemarkt sogar 63%. Rechnet man zu diesen bereits extrem hohen Anteilen noch die Fernwärme, die entweder auf der Kohle oder ebenfalls auf Gas basiert, mit 6,6% hinzu, wird deutlich dass die deutsche Bevölkerung ohne Gas im Winter weitgehend frieren würde. Man muss dies so hart sagen!

Immer noch werden in Deutschland mit Öl fast 30% der Wohnungen beheizt. Hier liegt übrigens ein enormes Potential für CO2-Einsparungen, wenn diese Wohnungen auf Gas umgestellt würden. Diese Zahlen widerlegen eindrucksvoll das Gerede von einem – zumindest für die nächsten Jahrzehnte – weniger werdenden Bedarf von Gas. Die zweite These der von den Grünen jetzt vorgestellten „Studie“, demnach Gas dank einer verbesserten Effizienz vernachlässigt werden könnte, ist unsinnig, denn die Wärmewirtschaft braucht einen Energieträger. Wenn dieser nicht vorhanden ist, lässt es sich auch nicht am Schräubchen Effizienz drehen. Die Wohnungen müssen vorher geheizt werden.

Stromerzeugung braucht Sicherheit in der Versorgung

Auch der von der Bundesregierung eingesetzte „Dialogprozess Gas 30“ hat im Bereich der Elektrizitätsversorgung bereits festgestellt, dass trotz des Ausbaues der erneuerbaren Energien der Anteil der Gaskraftwerke bis 2030 zunehmen wird, ansonsten sei die unterbrechungsfreie Versorgungssicherheit in Deutschland nicht gewährleistet. Bereits jetzt importiert Deutschland übrigens in einem nicht geringen Umfange „Atomstrom“ aus Frankreich und dies trotz zunehmender regenerativer Energien in Deutschland und trotz des noch bestehenden Einsatzes von Kernenergie- und Kohlekraftwerken. Eine Energiewende ist bei einem gleichzeitigen Ausstieg aus Kernkraft und Kohleverstromung, einschließlich der jetzt von den Grünen geforderten Ablehnung von Gas, schlichtweg weltfremd und unverantwortlich.

Auch die immer wieder in die Diskussion geworfene Stromerzeugung über die Umwandlung er evtl. überschüssigen erneuerbaren Energie in Gas (Power to Gas), mit deren Technologie über gespeichertes „grünes Gas“ Kraftwerke für die Stromerzeugung betrieben werden könnten, ist derzeit noch aus wirtschaftlichen und übrigens ökologischen Gründen unrealistisch. Technologisch sind derartige Verfahren über die Elektrolyse im großen Umfang zwar schwierig, aber durchaus möglich. Die Kosten (Betrieb und Anschaffung) der Elektrolyse führt aus heutiger Sicht die Stromkosten erheblich in die Höhe, ganz abgesehen davon, dass der eigene Strombedarf für die Elektrolyse bei der zur Speicherung notwendigen Umwandlung der erneuerbaren Energie in Gas (und darum geht es ja) ganz erheblich ist.

Die Grünen spielen im weltweiten Maßstab eine exotische Außenseiterrolle. Allerdings haben sie es in Deutschland verstanden, mit Hilfe einer Weltuntergangskultur große Teile der Bevölkerung – vor allem junge Menschen – zu verunsichern und diese als Wähler zu gewinnen. Auf die Dauer werden die Grünen aber entlarvt werden, spätestens dann, wenn die Bürger ihre Existenzgrundlagen verlieren. Erste Ansätze sind in Deutschland leider bereits in der Automobilwirtschaft erkennbar. Der angesehene britische Historiker und Wirtschaftswissenschaftler Niall Ferguson (er doziert u.a. an den renommierten US-Eliteuniversitäten Harvard und Standord University) brachte es jetzt in der Zeitung „Die Welt“ bezüglich einer grünen Regierungsverantwortung in einer neuen Bundesregierung auf den Punkt: „Wenn die Deutschen kein Wachstum wollen, dann wäre das eine Möglichkeit.“

Letzte Änderung am Donnerstag, 23 Januar 2020 16:30
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag