Politik - Märkte - Energie - Mobilität

Eine Regierungsbildung muss nach Wahlen den Volkswillen widerspiegeln

Vorbild: National- und Ständerat (Bild Bundeshaus in Bern) und Volksabstimmungen über grundlegende Entscheidungen sind Kennzeichen der „Direkten Demokratie“ in der Schweiz. Vorbild: National- und Ständerat (Bild Bundeshaus in Bern) und Volksabstimmungen über grundlegende Entscheidungen sind Kennzeichen der „Direkten Demokratie“ in der Schweiz. © Pixabay

Notwendig wäre ein neues Wahlsystem und kein chemisches Element mit Feuer und Wasser als Koalition

Im Oktober 2018 wählen die Bayern und Hessen neue Landtage. Doch wer letztendlich anschließend – und in welch einer Koalition – regiert, ist eine offene Frage. Denn was im Bundestag schon Realität ist, wird sich immer stärker auch in den einzelnen Bundesländern fortsetzen, nämlich die Zersplitterung des Parteienspektrums. Das Parteiensystem ist in Deutschland im Wandel. Derzeit sind sieben Parteien im Deutschen Bundestag vertreten. Vorbei sind die Zeiten mit drei (Union, SPD, FDP) und später mit vier Fraktionen (Unionsparteien, SPD, FDP und Grüne). Etabliert hat sich bundesweit inzwischen „Die Linke“ und auch die AfD. Nachdem offensichtlich längerfristig aufgrund ihrer verschiedenen Ausrichtungen auch die Unionsparteien – die CDU entwickelte sich unter Angela Merkel zur SPD-Light, während die CSU „noch“ die konservative Fahne hochhält – getrennte Wege gehen, könnten sich sieben Fraktionen auch im Bundestag bilden. Derzeit sind es schon sechs. Da, wie in der Vergangenheit üblich, selbst Zweierbündnisse und inzwischen sogar Große Koalitionen (die vermutlich künftig keine „große“ Koalitionen mehr sind) für eine Regierungskoalition nicht mehr ausreichen, wird es aus Gründen des puren Machterhalts des Establishments die „seltsamsten“ Dreierkoalitionen geben. Das ist dann – Franz Josef Strauß sagte es einmal – so, wie wenn sich Feuer und Wasser zu einem gemeinsamen chemischen Element vereinigen sollten.

Wer in gut zwei Wochen in Bayern die CSU wählt, könnte im weiß-blauen Freistaat eine schwarz-grüne Regierung erhalten. Im Kabinett wäre dann die ideologische grüne „Verbotspartei“ mit am Tisch, eigentlich im konservativen Bayern, schon wegen der Flüchtlingspolitik der Grünen, eine schier undenkbare Konstellation. Wer zumindest in Bayern die CSU wählt, will keine schwarz-grüne Regierung, sondern eine bürgerlich-konservative Regierung, die er dann nicht erhält, wenn die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern sollte. Dann könnte es selbst für ein Bündnis der CSU mit den Freien Wählern nicht reichen. Sollte aber die FDP den Einzug in den Landtag schaffen (was zu wünschen wäre, nachdem die CSU allein nicht mehr die Regierung bilden kann), könnte es eine Dreierkoalition zwischen CSU, Freien Wählern und der FDP gebe. Eine Dreierkoalition ist aber für die erfolgsverwöhnte CSU ein unerträglicher Gedanke. So oder so, die guten bequemen Zeiten für die Jahrzehnte lang führende „große staatstragende CSU“ sind in Bayern vorbei. Und daran ist die CSU durch ihre fehlende Geschlossenheit selbst schuld. Noch unübersichtlicher könnte die Hessenwahl 2018, kurz nach der bayerischen Landtagswahl, ausgehen. Derzeit ist durchaus eine rot-rot-grüne Regierung möglich. Es könnte aber auch eine schwarz-gelb-grüne Koalition stattfinden. Dies dürfte dann angesichts der Ausrichtung der hessischen Liberalen heiter werden.

Interessant ist, dass sowohl in Bayern als auch in Hessen strukturell eine klare konservative Mehrheit vorhanden ist (CSU in Bayern bzw. CDU in Hessen, plus jeweils FDP und AfD). Noch aber will mit der AfD niemand – aber auch dies wird sich mit fortschreitender Zeitdauer ändern. Auch die Linke war lange Jahre nach der Wiedervereinigung das „Schmuddelkind“ als SED-Nachfolgepartei. Heute stellt sie sogar – noch nicht einmal schlecht – in Thüringen den Ministerpräsidenten.

Wir brauchen Volksentscheide

Noch schlimmer könnte das Gemauschel aber auf Bundesebene bei der Bildung einer künftigen neuen Bundesregierung werden. Man wählt vermeintlich bürgerlich und trotzdem ginge aus heutiger Sicht zumindest eine links-grün gewordene Angela Merkel (die Vergangenheit in der Jugend lässt sich halt nicht leugnen) und ihre Hofschranzen die seltsamsten Koalitionen ein, nur um an der Macht zu bleiben. Wie kann man dies verhindern? Volksparteien gibt es nur noch dem Namen nach. Eine Sozialdemokratie, die zusehends an die Wand fährt und beispielsweise in Bayern nur noch beschämende 13 Prozent erhält, ist weder eine schlagkräftige Opposition und schon überhaupt keine Volkspartei mehr. Und selbst eine CDU/CSU ist mit einem – derzeit laut Umfragen – gemeinsamen Anteil von unter dreißig Prozent im Bundestag unter dem Drittel-Turm und hat eigentlich jeden Anspruch für die Führung dieses Landes verspielt. Was kann helfen? Nicht zusammen passende Koalitionen, nur um an der Macht zu bleiben? Nein.

Eigentlich bräuchten wir angesichts der Zersplitterung des Parteiensystems, ein Mehrheitswahlrecht, damit das Politgemauschel endlich aufhört. Dann gäbe es klare Verhältnisse: wer versagt, wird abgewählt. Doch ein Mehrheitswahlrecht nach dem Muster der Angelsachsen ist leider in der Bundesrepublik politisch nicht mehr durchsetzbar, weil die kleinen Parteien ihre Privilegien verlieren würden. Deshalb müssten vom Volk aus bedeutende Strömungen nach dem Muster der Schweiz ausgehen, an denen nicht vorbeigegangen werden kann. Gewisse grundlegende Entscheidungen gehören, wie im Musterland der Demokratie, die Schweiz, in die Hand des Volkes. Absurd? Immerhin hat die CSU vor der letzten Bundestagswahl – 2017 – eine 38 Seiten starke Wahlbroschüre, den „Bayernplan“, als Grundlage des Wahlprogramms der CSU zur Bundestagswahl herausgegeben. Und was lesen wir da gleich am Anfang unter dem Leitgedanken der „CSU-Garantien“? „Wir garantieren den Menschen in unserem Land, dass wir diese Punkte bei einer unionsgeführten Bundesregierung im nächsten Regierungsvertrag verankern werden.“ Und was wollte u.a. die CSU verankern? Ja, eine Beteiligungsgarantie mit dem Kernsatz „Wir wollen in wichtigen politischen Fragen bundesweite Volksentscheide einführen“. Was ist daraus geworden? Bla, bla, bla – nichts als leere Worte!

Letzte Änderung am Dienstag, 02 Oktober 2018 13:52
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag