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Quo Vadis Europa

Quo Vadis Europa Pixabay

Streit auf der ganzen Linie

Wohin des Weges EU? Immer mehr verliert die EU an Zustimmung der Bürger und nicht wenige EU-Politiker befürchten ein Auseinanderfallen des europäischen Einigungswerkes. Sowohl Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn als auch der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sprechen offen vom Scheitern der EU.

Jetzt haben die Niederländer in einem Referendum mit 61,1% einen bereits ausgehandelten Pakt der EU mit der Ukraine abgelehnt. Das Votum ist zwar nicht rechtsbindend – aber an einer so deutlichen Mehrheit kann ein verantwortungsbewusster Politiker nicht vorbeigehen. Die Abstimmung galt als Test für die Europastimmung der Niederländer. Vorher schon haben die Dänen mit 53% die Übernahme von Rechtsverordnungen der EU abgelehnt. Die Dänen wollen weniger EU – die Rechtspolitik sei nicht Sache der EU, sondern der souveränen Mitglieder.

In der Flüchtlingspolitik schotten sich alle – mit Ausnahme Deutschlands – ab, wenn es zum Schwur der Kontingente kommt. Von Pseudo-Verhandlungen mit der Türkei abgesehen (Muster ohne Wert), lehnen die großen Mitgliedsländer wie Frankreich oder United Kingdom nennenswerte Kontingente ab. Im Gegenteil: Auch die nordischen bzw. baltischen sowie Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn verneinen Quotenregelungen für Flüchtlinge. Vor allem die Bürger in den osteuropäischen Ländern sehen ihre eigene Identität bei einer falschen Flüchtlingspolitik in Gefahr. Hinterfragt wird auch, weshalb sich Staaten wie die USA oder Saudi Arabien bei der Aufnahme von Flüchtlingen so „vornehm“ zurückhalten.

Bewährungsprobe Brexit

Nach wie vor entwickelt sich auch das notorisch klamme Griechenland zu einer Hängepartie für den Euro. So kommt eins zum anderen. Brüssel erweist sich als ein Bürokratie-Monster, ein Moloch, eine alles verschlingende Macht, in der schon strukturell nicht mehr effizient gearbeitet werden kann. Die nächste, vielleicht alles entscheidende Bewährungsprobe, steht am 23. Juni 2016 bevor. Dann entscheiden die Briten, ob sie in der EU verbleiben wollen. Schon seit Jahren hat Großbritannien immer wieder Reformen bei der EU angemahnt. Geschehen ist nichts. Man griff in Brüssel zum Mittel der Horrorszenarien (siehe Beitrag vom 31. März 2016) für die Briten, wenn diese die EU verlassen.

Angst haben muss aber Brüssel. Denn wenn das globalpolitisch immer noch einflussreiche Vereinigte Königreich die EU verlassen sollte, dann wäre dies für andere Länder ein Signal. Gewiss hat die EU viele Vorteile durch einen gemeinsamen Binnenmarkt. Dafür braucht man aber keine ausufernde Bürokratie und einen Dirigismus durch zweitklassige und abgeschobene Personen. Zu fragen ist auch, was von Politikern einzelner Mitgliedsländer zu halten ist, die gewählte Repräsentanten anderer Mitgliedsländer auch persönlich beleidigen. Da stimmen selbst Stilfragen nicht mehr. Ein Beispiel lieferte jetzt Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn mit einer bösen Beleidigung des ungarischen Ministerpräsidenten.

Es sei ihm rätselhaft, dass Altkanzler Kohl „zweifelhafte Gestalten“ wie Victor Orban empfange. Wenn Spitzenpolitiker der EU so miteinander umgehen, dann ist dies der Beweis, dass auch vom persönlichen Klima die EU von innen heraus nicht mehr funktionieren kann.

Wenn die EU noch eine Zukunft haben soll, dann muss sie vor allem von den Bürgern mitgenommen werden. Mehr Bürgernähe – etwa durch Volksabstimmungen – ist daher nicht abzulehnen, sondern ganz im Gegenteil zu befürworten. Eine kluge Politik braucht ein Referendum nicht zu befürchten. Wer natürlich weiter kungeln will, und diesen Eindruck darf man bei den Repräsentanten der EU-Kommission haben, hat schlechte Karten.

Letzte Änderung am Mittwoch, 19 April 2017 14:44
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag