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Die Chinesen kommen

Die Chinesen kommen Kuka

Nun auch der Roboterhersteller KUKA?

Es ist ein merkwürdiger Kontrast. Einerseits trübt sich die Stimmung im Reich der Mitte ein (zunächst im Außenhandel und in den Finanzmärkten und nun auch in der Energie- und Schwerindustrie), andererseits befinden sich chinesische Firmen insbesondere in Europa auf Einkaufstour. Dies ist insofern bemerkenswert, als die großen Wachstumsziffern der chinesischen Wirtschaft aktuell eingebrochen sind – freilich immer noch von einem hohen Niveau. China ist die zweitgrößte Volkswirtschaft – aber nur nominal, dem Nennwert nach aufgrund seiner Menschenmassen. Rechnet man z.B. das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, wird schnell deutlich, dass China noch erhebliche Defizite in Richtung Weltspitze aufweist. Dies will aber das Land auf seinem Weg zur „echten“ führenden Volkswirtschaft – und dies ist das Ziel – ändern.

Noch fehlen in China nach wie vor Unternehmen mit einer großen Strahlwirkung ihrer Produkte und Marken, wenngleich Gesellschaften wie Shanghai Electric Group, ChemChina oder Sany die berühmte Ausnahme darstellen. Gesellschaften mit einem Welt-Renommee wie GE, Unilever, Apple, Daimler, Siemens, Roche oder Nestle (um quer durch die Branchen einige Beispiele zu nennen) fehlen noch in China. Noch! Für den Aufholprozess gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man kopiert Technologiewissen oder man kauft auf den Weltmärkten familiengeführte Gesellschaften oder über die Börse bzw. Beteiligungsgesellschaften auch Kapitalgesellschaften. Geld, so scheint es, ist vorhanden oder – siehe Fall Syngenta – internationale Großbanken finanzieren die Deals.

Der zweite Weg der Firmenkäufe ist auf dem Vormarsch. Erworben haben die Chinesen so klangvolle Industrieadressen wie Volvo oder Pirelli und jüngst in Deutschland den renommierten Spezialmaschinenbauer Krauss-Maffei. Bereits vorher wurden Spezialisten wie Kiekert (Autoschließanlagen) oder Putzmeister (Hightech-Pumpen) gekauft. Stark engagiert hat sich China auch beim Gabelstaplerkonzern Kion, früher bekannt als ein Geschäftsbereich der Linde AG. Immer ging es darum, erhebliches Wissen sowie Innovationen zu erwerben, für die ansonsten für den Aufholprozess Jahre notwendig gewesen wären. Besonders rührig war China in der Schweiz, in der man sich z.B. bei so klangvollen Namen wie Saurer AG, Swissmetal und Swissport (Dienstleister der Luftfahrt) engagierte. Vorläufiger Höhepunkt ist brandaktuell die vorgesehene Übernahme des Agrarmittel-Konzerns Syngenta (Basel).

Übernahme Syngenta durch ChemChina

Für sagenhafte 43,7 Milliarden Schweizer Franken wird wohl Syngenta chinesisch, eine Übernahme, die offiziell in der Schweiz als „Guter Deal“ bezeichnet wird. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Per se gehört eine Übernahme zu den Prinzipien der Marktwirtschaft. Firmeneigner müssen verkaufen können. Und offen muss auch zugegeben werden, dass gerade ChemChina zu den strategischen und langfristig operierenden Investoren gehört. Dies kann man leider von Investmentgesellschaften nicht unbedingt behaupten. Den 30.000 Beschäftigten von Syngenta wird es vor allem um die Sicherung ihrer Arbeitsplätze gehen.

Allerdings muss auch erwähnt werden, dass umgekehrt China allenfalls im eigenen Land nur Joint Ventures erlaubt. Und genau hier steckt das Problem, wenn etwa chinesische Firmen bei uns renommierte Gesellschaften übernehmen, die einen gewissen strategischen Wert haben, wie etwa der deutsche Roboterhersteller KUKA, der bei der Umsetzung der Industrie 4.0 (Roboter kommunizieren mit anderen „Kollegen“ oder Maschinen), eine Schlüsselfunktion einnimmt. Hier würde zweifelsfrei Hightech-Wissen an China verkauft. Sowohl in Frankreich als auch in den Vereinigten Staaten werden solche Unternehmen wie KUKA zu Gesellschaften im nationalen Interesse bzw. der nationalen Sicherheit deklariert.

KUKA ist Schlüsseltechnik

Das chinesische Industrieunternehmen Midea hat jetzt bekanntgegeben, weitere Aktien der KUKA AG zu erwerben. Bereits bisher sind die Chinesen mit 10,22% bei KUKA beteiligt. Der Roboterhersteller nimmt mit seinen Produkten der neuesten Generation eine wichtige Funktion bei der Automatisierung und Digitalisierung der Industrie ein. Dies war bereits vor gut einem Jahr für das Heidenheimer Familienunternehmen Voith ein wichtiger Grund, schließlich mit 25,1% eine Sperrminorität zu erwerben. Kunden von KUKA sind neben der Automobilwirtschaft die Industrie generell (z.B. die Luft-, Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie oder die Medizintechnik). KUKA hat insofern in der Tat einen strategischen Wert – weit über Deutschland hinaus.

Neben Voith und Midea ist noch die mittelständische hessische Industriegruppe Friedhelm Loh (ebenfalls wie Voith ein Familienunternehmen) mit fast 10% im Aktionärskreis. Immerhin befinden sich über 50% der Aktien im „Freefloat“ – genug Spielraum für die Chinesen, weitere Aktien zu erwerben. Freilich ist nur schwer vorstellbar, dass es Midea gelingen sollte, gegen die Sperrminorität von Voith Kontrolle bei KUKA aufzubauen, zumal auch Loh aufstocken will. Durchaus denkbar ist auch, dass Voith bereits weitere Verbündete mobilisiert hat. Und – schwer vorstellbar wäre, dass die Bundesregierung einer chinesischen Kontrolle der KUKA AG tatenlos zusehen würde.

Nochmals, per se muss auch Chinesen erlaubt sein, im guten alten Europa Firmen zu übernehmen. Aber halt nicht strategisch relevante Unternehmen. KUKA gehört dazu.

Letzte Änderung am Mittwoch, 19 April 2017 15:23
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag