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Der Steuerzahler ist der falsche Adressat

Der Steuerzahler ist der falsche Adressat © Pixabay

Wenn Unsitten zur Bequemlichkeit verleiten

Immer wenn Wahlen anstehen, reißen gerne Unsitten ein. Und eine Unsitte ist es geworden, immer dann nach dem Vater Staat zu rufen, wenn einzelne Unternehmen oder Unternehmer mit ihren Produkten oder Dienstleistungen aufgrund selbstgemachter Fehler nicht mehr wettbewerbsfähig sind und in die Insolvenz müssen. So war es bei Schlecker oder bei manroland und so ist es aktuell bei der Solarindustrie. Auch bei einem Münchener Großbäcker sollte es der Staat richten. Ach bittschön hätte das Unternehmen doch lieber auf mehr Sauberkeit geachtet, dann hätte das Unternehmen keine Insolvenz anmelden müssen. Dabei ist die Rezeptur für die „Staatsrufer“ einfach. Je größer die Anzahl der Betroffenen ist, die bei einer möglichen Insolvenz die Arbeitsplätze verlieren, je größer das Geschrei nach dem Staat nach „Ausfallbürgschaften“, Überbrückungsgelder oder anderer Fördermittel. Niemand fragt mehr, weshalb und warum aber die betroffenen Firmen in die Schieflage kamen.

Mit dem Staat ist es aber so eine Sache; hinter dem Staat stehen wir alle, als Steuerzahler. Es ist aber nicht die Aufgabe des Steuerzahlers, Leichtsinn und unternehmerische Fehleinschätzungen oder falsche und nicht marktfähige Produkte am Leben zu erhalten, nur weil die Anzahl der leider auch betroffenen Arbeitsplätze möglicherweise groß ist. Im Fall Schlecker waren zweifelsohne die Fehler hausgemacht. Rüde Methoden der Firmeneigner gegen das Personal wurden publik und schreckten eine sensibilisierte Kundschaft ab, Drogerieprodukte bei Schlecker zu kaufen. Immerhin rief ja die Gewerkschaft verdi einmal zum Boykott der Läden auf. Auch beim einst (als der Bereich noch zur MAN-Gruppe gehörte und vom wohlhabenden Gesamtkonzern quersubventioniert wurde) renommierten Druckmaschinenhersteller manroland forderten nicht nur die Gewerkschaften zunächst staatliche Hilfe. Dabei waren es nicht nur Strukturentwicklungen, hin zur Tatsache, dass junge Leute immer weniger Zeitungen lesen und die Zeitungsverleger somit Leser und Abonnenten verlieren – Exemplare, die weniger gedruckt werden. Und wenn weniger Zeitungen zu drucken sind, dann braucht man auch keine neuen Kapazitäten für Druckmaschinen. Aber diese Entwicklung trug nur zu einem Teil zu den Problemen bei manroland bei. Es war auch nicht die Finanzkrise, die heute oft für alles Mögliche herhalten muss, wenn die unternehmerischen Hausaufgaben eben nicht rechtzeitig gemacht werden. Wir kennen viele Firmen, die sogar gestärkt aus der Krise kamen. Nein, es waren auch bei manroland in erster Linie unternehmerische Fehleinschätzungen und fehlende Kapazitätsanpassungen. Und es waren auch Unterlassungen, wie den notwendigen rechtzeitigen Einstieg in den Digitaldruck.

Es sei in diesem Zusammenhang nur daran erinnert, dass auch eine vom damaligen Bundeskanzler Helmut Schröder auf den Weg gebrachte Bundesbürgschaft für den einstmals renommierten Baukonzern Philipp Holzmann letztendlich das Unternehmen nicht vor dem Aus retten konnte. Die Managementfehler waren damals bei den „Holzmännern“ einfach zu groß.

Auch den Wahnsinn, ja die Dummheit sogar, in einem nicht mehr vertretbaren Ausmaße die Solarindustrie künstlich in Deutschland am Markt vorbei zu fördern, wollen immer noch nicht interessierte Kreise wahrhaben. Die Rahmenbedingungen des Staates seien schuld am Zusammenbruch der Solarindustrie. Es ist zweifelsfrei richtig; neue Technologien etwa in den Bereich der erneuerbaren Energien brauchen eine staatliche Anschubförderung. Richtig ist aber auch, dass das einstige Baby Solarindustrie inzwischen volljährig ist und langsam auf eigenen Füßen stehen sollte. Für die Krise der Solarindustrie in Deutschland ist die Wahrheit eine ganz andere. Kapazitäten wurden noch aufgebaut, obwohl der Zug der Herstellung von Solarmodulen längst, und nicht erst aktuell, nach China abfuhr. Auch energiepolitische ideologische Fehleinschätzungen der Entwicklung des gesamten europäischen Marktes für die Solarenergie führten in die Absatzkrise deutscher Solarhersteller. Die renommierte Bosch-Gruppe, die ebenfalls in die Solarindustrie einstieg, hat jetzt vernünftigerweise eine geplante Investition in eine Solarfabrik zumindest einmal zunächst ausgesetzt. Recht so, die Schwaben sind halt kluge Unternehmer.

Nur weil einige andere Solarunternehmer in ihrer Bequemlichkeit lautstark weiterhin nach dem Staat mit seinen absurden Fördermitteln in eine nicht mehr wettbewerbsfähige deutsche Solarindustrie rufen, kann eine Branche in Deutschland nicht mehr gehalten werden. Ganz abgesehen davon, dass immer weniger Verbraucher der elektrischen Energie bereit sind, überhöhte Stromrechnungen zu bezahlen, die in erster Linie durch staatliche Förderprogramme getrieben werden. Es kann doch kein Zufall sein, dass die Solarunternehmen sozusagen der „Reihe nach“ in Deutschland – übrigens zeigte sich der Trend sogar noch zu Zeiten der ungeschmälerten staatlichen Förderung – Probleme bekamen. Hier haben einige Schlauberger, die sich Solarunternehmer nennen, den Reibach machen wollen und völlig am Markt vorbei Kapazitäten aufgebaut. Es war ja so bequem, in Deutschland Solarunternehmer zu spielen – Vater Staat wird es schon richten … Modelle aber zu finanzieren, die nicht mehr in Deutschland wettbewerbsfähig sind, sichert dauerhaft keine Arbeitsplätze. Derartige Phrasen ziehen nicht mehr. Arbeitsplätze sind in der Tat für die regenerative Solarindustrie entstanden, in China. Weshalb wohl lässt – ein anderes Beispiel – ein so reiches Unternehmen wie Apple viele Produkte „in China zusammenschrauben“? Und genau so ist es mit der Solarindustrie. Die Fertigung dieser Module hat in Deutschland keine Wertschöpfung mehr.

Letzte Änderung am Dienstag, 20 Juni 2017 10:45
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag