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Soziale Marktwirtschaft ade?

Deutschland braucht als Wirtschafts- und Industriestandort auch künftig marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen – keine Verbote. Deutschland braucht als Wirtschafts- und Industriestandort auch künftig marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen – keine Verbote. © Pixabay

Auf dem Weg zur Verbots- und Planwirtschaft

Deutschland steuert auf eine gefährliche Entwicklung zu. Sozialismus-Thesen wie Enteignungen (Robert Habeck von den Grünen zum Thema Immobilienwirtschaft) oder Unternehmen wie BMW „vergesellschaften“ (Kevin Kühnert von der SPD), sind leider keine Einzelfälle. Unter dem Deckmantel des Klima-Hype gewinnen Aktivisten und Ideologen immer stärker die veröffentlichte Meinungshoheit. Dies insbesondere im Verbund mit einer Presse, die schon stark durch einen Gesinnungs- und Betroffenheitsjournalismus geprägt ist. Inzwischen kapitulieren aus Angst vor dem Verlust von Wählerstimmen die ehemals großen Parteien des bürgerlichen Lagers, die Unionsparteien CDU/CSU, vor der gesteuerten „Fridays for Future“ – Bewegung. Lediglich der CDU-Wirtschaftsrat und die Werteunion der CDU/CSU – vielleicht noch die FDP – halten noch tapfer die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft hoch. Denn längst werden unter der Überschrift des Klimawandels in besonders extremer Weise in Deutschland alle möglichen Verbote, die den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährden, gefordert.

Als das Klima noch nicht ein fast schon hysterisches Medienthema gewesen ist, war die Energiewirtschaft das erste Opfer! Die Stoßrichtung, von der zunächst jahrelang die Grünen „lebten“, war der bösen Atomenergie gewidmet. Atomenergie, dies wurde in Deutschland übersetzt und gleichgestellt mit der Atombombe. Die Angstkultur war da! Von der „schmutzigen Kohle“ war bei den Gegnern der Kernenergie zunächst noch keine Rede. Neue energiepolitische Heilsbringer waren die sogenannten Regenerativen, insbesondere mit der Windkraft. Die Kohle (noch war ja die Kernenergie nicht „besiegt“) sollte die Grundlast – also die Stromversorgung, die immer unabhängig vom Wetter zur Verfügung stehen muss – garantieren. Und für den Spitzenbedarf waren die Pumpspeicherkraftwerke da, die längst auch nicht mehr gebaut werden dürfen. Die Kernkraftgegner haben zunächst geschickt die Kohle mit der Kernkraft ausgespielt; die Prinzipen von Grund-, Mittel- und Spitzenlast wurden ideologisch ausgeklammert.

Neue „Feinde“

Als dann Jahre später die Kernenergie in Deutschland keine Zukunft mehr haben sollte, wurde unter dem Deckmantel des neuen Reizwortes Klima der neue „Bösewicht“ Kohle doch angegangen. Fortan waren entsprechende Kraftwerke „Dreckschleudern“. Der Kohleausstieg ist inzwischen politisch in einer Zeitachse besiegelt. Was nun? Die ehemals leistungsstarke weltweite Kompetenz der deutschen Hersteller schlüsselfertiger Kraftwerke steht – Stichwort Siemens Turbinen – mit dem Rücken zur Wand. Neue Feinde sind jedoch entdeckt worden: die Mobilität und insbesondere die Automobilindustrie mit dem Dieselantrieb sollte plötzlich weitgehend für den Anstieg des Klimas verantwortlich sein. Wie es mit der deutschen Kompetenz in der Autoindustrie weitergeht? Ausgang offen. Die E-Mobilität soll es richten. Sollte jedoch einmal die E-Mobilität großtechnisch funktionieren und durch die Kunden akzeptiert werden, dann werden die Weltverbesserer schon Gründe dafür finden, auch diese Mobilität in Misskredit zu bringen (Herstellung der Batterien, Rohstoffe, Entsorgung).

Weitere Feinde in der Mobilität sind der Flugverkehr und der zunehmende Wirtschaftsfaktor Kreuzfahrttourismus. Aber auch die traditionelle Landwirtschaft, die mindestens, so die Forderungen, zu 30% ökologisch zu bewirtschaften sei. Dies wäre zwar ein Eingriff in das Eigentum und in die unternehmerische Freiheit der deutschen Landwirte, aber dies kümmert die Gegner einer Sozialen Marktwirtschaft wenig. Weitere „Verbotsopfer“ soll die Schädlingsbekämpfung in der Landwirtschaft und schließlich der Fleischkonsum – auch dieser steht in der Optik der ideologischen Weltverbesserer – sein. Immer wieder wurde und wird auch die „Globalisierung“ und die „Wachstumsgesellschaft“ für zahlreiche angebliche negative Entwicklungen verantwortlich gemacht.

Arbeitsplätze nicht gefährden

Die Verbots-Fetischisten übersehen bei ihrer Ideologie allerdings die wichtige Frage, wie der Industriestandort Deutschland (und damit die Bereitstellung von Arbeitsplätzen) überleben soll, wenn er mit allen möglichen nur erdenkbaren unrealistischen Verboten konfrontiert wird. Ein Beispiel ist der Kreuzfahrttourismus, eine der am schnellsten wachsenden Branchen. In einem Fernsehbeitrag des NDR wurde gar von der „rücksichtslosen Expansion der Kreuzschifffahrt“ gesprochen. Deutschland partizipiert aber mit Häfen, Reedereien und seiner leistungsstarken Werftindustrie (z.B. durch die Meyer-Werft oder die MV-Werften in Mecklenburg-Vorpommern) an der positiven Entwicklung des Wirtschaftsfaktors Kreuzfahrttourismus. Die genannten Werften sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Hinzu kommen Motor-Giganten der MAN-Energy Solutions für die Cruiser und Containerfrachtschiffe und weitere Zulieferer aus der Ausrüstungs- und Materialindustrie. Nur so nebenbei: Wie soll der Welthandel, auf den die Exportnation Deutschland so dringend angewiesen ist, funktionieren, ohne den Transport durch die Containerschiffe?

Unrealistisch und unsinnig ist auch die Forderung, den Flugverkehr zu regulieren. Die Luftfahrtindustrie ist direkt und indirekt eine weitere Schlüsselbranche. In der Theorie hört es sich schön an, Inlandsflüge mit Hinweis auf den Bahnverkehr zu verbieten. Doch für eine Geschäftsreise von München nach Hamburg benötigt der ICE immer noch für die einfache Strecke ca. sechs Stunden, während die Flugzeit für die gleiche Strecke 75 Minuten beträgt. Wer also Geschäftsreisen regulieren bzw. einschränken will, schädigt die Qualität des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Bereits aktuell – so eine Studie von Ernst & Young – hat der Standort Deutschland bei Investoren an Attraktivität verloren. „Dass die ausländischen Investitionen in Deutschland sinken, ist ein Warnsignal“, so Hubert Barth von der EY-Deutschland-Geschäftsführung bei der Vorstellung der aktuellen Studie.

Verschiedene Parteien und Nichtregierungsorganisationen versuchen, die Soziale Marktwirtschaft mit absurden Forderungen auszuhebeln. Die Unionsparteien müssen auf diese Gefahren mit ihren Auswirkungen für die Beschäftigung hinweisen und in die Öffentlichkeit gehen; sie dürfen nicht dem Zeitgeist hinterherlaufen. Sie sollen vielmehr Fehlentwicklungen aufzeigen, ansonsten könnte es sein, dass die Soziale Marktwirtschaft keinen einflussreichen parlamentarischen Fürsprecher mehr hat. Der Wirtschaftsrat der Union sollte seinen Einfluss noch stärker zur Geltung bringen, wenn etwa familiengeführte erfolgreiche Unternehmen weiterhin eine Stütze der deutschen Wirtschaft sein sollen.

Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag