Politik - Märkte - Energie - Mobilität

Wirtschaftssanktionen gegen Russland wirkungslos

Wirtschaftssanktionen gegen Russland wirkungslos Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft

Deutsche Wirtschaft begehrt auf: 150.000 bedrohte deutsche Arbeitsplätze

Es ist eigentlich erstaunlich, wie lange die Bundesregierung die von der US-Regierung gewünschte Sanktionspolitik gegen Russland mitträgt. Und dies vor dem Hintergrund, dass die „Bestrafungen“ bei der russischen Führung weitgehend verpfuffen, ihre Wirkung völlig verfehlen und ganz im Gegenteil die deutsche Wirtschaft immer mehr dazu bringt, jetzt sehr deutlich das Ende der für die Unternehmen kontraproduktiven Sanktionen zu fordern. So geschehen jetzt am Rande des Internationalen Wirtschaftsforums 2015 in Sankt Petersburg. Das Wirtschaftsforum wurde von wichtigen westlichen Konzernchefs und Investoren besucht.

Es waren keineswegs nicht nur Vertreter der „Lobby-Organisationen“, wie die F.A.Z. („Die Herrschaft der Putin-Versteher“) schrieb, sondern auch deutsche Unternehmenschefs, die besorgt darauf hinweisen, dass ein dauerhaftes Wegbrechen des russischen Marktes drohe, weil sich Russland immer stärker neue Partner als Lieferanten für Hightech-Produkte suche. Diese These vertrat auch Eckhard Cordes, Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. Insbesondere Südkorea, aber auch chinesische Unternehmen, füllen die Lücke aus, die deutsche Unternehmen hinterlassen. Allein Südkorea mit seinen Weltplayern und Mischkonzernen Samsung (Elektronik, Technologien, Energieprodukte, Werften), Hyundai, LG, Doosan u.a. kann wesentliche Volumen der deutschen Exporte nach Russland kompensieren. Russland braucht auch nicht mehr unbedingt für die Modernisierung seiner Wirtschaft deutsche Werkzeugmaschinen.

Deutsche Russland-Exporte halbieren sich

Während im Geschäftsjahr 2014 (Beginn der Sanktionen gegen Russland) die deutschen Exporte lt. Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft bereits um 6,5 Milliarden Euro zurückgingen, rechnet die Wirtschaft für 2015 mit einem Einbruch um weitere neun Milliarden Euro. „Die aktuellen Zahlen übertreffen selbst unsere schlimmsten Befürchtungen. Die negative Entwicklung seit Beginn der Sanktionen bedroht in Deutschland unmittelbar 150.000 Arbeitsplätze“, sagte Cordes. Allein in den ersten vier Monaten des Jahres 2015 gingen die deutschen Exporte nach Russland um 34% zurück. Bis Ende 2015 werden sich die deutschen Exporte im Vergleich zum Rekordjahr 2012 halbiert haben und nur noch bei 20 Milliarden Euro liegen.

Während die EU die Wirkung der Sanktionen gegenüber Russland weit überschätzt, baut Russland zusammen mit China eine neue strategische Allianz und verändert somit das geopolitische Weltbild ganz entschieden. Gleichzeitig reduziert China deutlich die Wichtigkeit Deutschlands als Abnehmer für russisches Gas. Selbst wenn die Chinesen dafür „Freundschaftspreise“ zahlen, ändert dies nichts an der gefährlichen Entwicklung. Es könnte bald der Tag kommen, an dem Russland auf den Gaskunden Deutschland nicht mehr so stark angewiesen ist, wenngleich jüngst bekannt wurde, dass Russland eine weitere Gaspipeline durch die Ostsee plant. Aber diese hat mehr strategische Gründe, weil Russland vom Gastransitland Ukraine völlig unabhängig werden will. Was dann auf Westeuropa in Bezug zur verarmten Ukraine zukommt, lässt das Griechenland-Drama zum Westentaschenformat verkommen – es sei denn, die EU will dann von wirtschaftlichen Hilfen für die Ukraine nichts mehr wissen.

Auch auf einem völlig unerwartetem Gebiet – nämlich der Landwirtschaft – haben sich die Russland-Sanktionen zum Eigentor entwickelt. So verlangte jetzt Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, eine Lockerung der Sanktionen, weil die Gegenmaßnahmen, das Embargo für deutsche Landwirtschaftsprodukte, den deutschen Bauern bereits stark zusetzen. „Am Ende sind die deutschen Bauernfamilien die Leidtragenden“, sagte der Bauernpräsident auf dem Deutschen Bauerntag in Erfurt.

Sanktionen lösten kein einziges Problem

Insgesamt haben die Sanktionen volkswirtschaftlich Russland auch nicht ansatzweise in die Knie zwingen können. Zwar spürt das Land die Folgen der gesunkenen Ölpreise, aber insgesamt, so Präsident Putin beim Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg, habe sich die Wirtschaft seines Landes stabilisiert. „Wir haben einen beständigen Staatshaushalt, unser Bankensystem hat sich den neuen Bedingungen angepasst und uns ist es gelungen, den Kurs des Rubels zu stabilisieren und unsere Staatsreserven zu sichern.“ Tatsächlich verfügt Russland über Währungsreserven von über 350 Milliarden Euro und dazu einen mit 150 Milliarden Dollar gefüllten staatlichen Reservefonds, bestätigte auch Cordes. Mit der Durchsetzung der Wirtschaftssanktionen auf EU-Ebene bis Ende 2016, sei, so Cordes, jedenfalls kein einziges Problem gelöst. Deshalb „brauchen wir den Einstieg in den Ausstieg der Sanktionen“, so der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft.

So ganz nebenbei haben die Sanktionen sogar noch die Zustimmungswerte der Russen zur Politik ihres Präsidenten eher noch erhöht. Nach Informationen der unabhängigen Meinungsforscher vom Lewada-Zentrum (Moskau) sind die Sympathiewerte für Putin in Russland nach wie vor auf Rekordhöhe.

Letzte Änderung am Dienstag, 25 April 2017 14:49
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag