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Hohe Sprit- und Strompreise

Hohe Sprit- und Strompreise © Pixabay

Wie der Staat durch Steuern und Abgaben „abzockt“

Dampfplauderer und politische Schönredner, die sich beim Wähler anbiedern, haben derzeit Hochkonjunktur. Angesichts hoher Sprit- und Energiepreise sind medienwirksam die „bösen Buben“ ausgemacht – die Gier der Konzerne, vor der die Bürger geschützt werden müssten, sei verantwortlich. Auch BILD-Online schwimmt auf der Welle. „Regierung will gegen Sprit-Abzocke vorgehen“, so lesen wir. Aber sind es nur die Energieunternehmen, die für die horrenden Preise verantwortlich sind? Die Realität ist eine andere, denn die Bundesregierung hätte die Möglichkeit, in den eigenen Reihen, beim Staat, den Hebel zur Preissenkung anzusetzen.

Dies wäre angesichts der in der Tat hohen Spritpreise dringend geboten, wie eine Untersuchung der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) verdeutlicht, weil die Deutschen inzwischen am Konsum sparen und vor allem den Familiensonntagsausflug ausfallen lassen. Betroffen sind u.a. die Naherholungsgebiete. Dort klagt nicht nur die Gastronomie über das Ausbleiben der Gäste.

Bei einem Superbenzinpreis von 1,62 Euro pro Liter kassiert der deutsche Staat einen Anteil von 92 Cent für Energiesteuer, Ökosteuer, Mehrwertsteuer und sonstige Abgaben wie Anteile für die Bevorratung. Dies sind 57%. Allein die Ökosteuer ist seit ihrer Einführung ständig angehoben worden. Ein Vergleich mit benachbarten Ländern wie Österreich, Schweiz, Luxemburg und Liechtenstein zeigt, dass es vor allem der deutsche Staat ist, der an den hohen Spritpreisen partizipiert. An einem Stichtag im März 2012, mit einem Literpreis von 1,62 Euro, kostete die gleiche Sorte in Österreich nur 1,45 Euro und selbst in der teuren Schweiz sind nur umgerechnet 1,50 Euro fällig. Der deutsche Staat hätte es also durchaus in der Hand, regulierend bei seinem hohen Anteil von 57% an den Spritpreisen einzugreifen. Rechnet man neben dem Staatsanteil die Rohölpreise, die am Handelsplatz Rotterdam notiert werden, sowie die Verarbeitungskosten in den Raffinerien ab, wird eigentlich deutlich, dass so viel Spielraum für „Abzocken“ durch die Mineralölkonzerne und Tankstellen nicht vorhanden ist. Schließlich muss die politisch vorgegebene Weltmarktsituation mit den entsprechenden Verunsicherungen, die für Preisaufschläge zwischen 25 bis 30% stehen, gesehen werden. Aktuelle Beispiele sind die Szenarien in Libyen und im Iran.

Staat treibt auch Strompreise

Auch beim Thema Strompreise beklagt die Wirtschaft populistisches Gerede durch Politiker. Dazu gehört Umweltminister Norbert Röttgen (CDU), der medienwirksam den „Schwarzen Peter“ der Energiewirtschaft zuschiebt. Die Faktenlage sieht auch hier anders aus, denn bei einem Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh beträgt lt. Bundesnetzagentur der Staatsanteil am Strompreis durch Steuern und andere Abgaben, Stand Februar 2012, inzwischen 40,6%. Über alle Bereiche hat sich die staatliche Belastung bei den Strompreisen in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Strompreise setzen sich wie folgt zusammen: Erzeugung, Verteilung und Vertrieb sowie staatliche Steuern und Abgaben wie durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KKW), die Stromsteuer, sonstige Konzessionsabgaben und schließlich durch die Mehrwertsteuer. Hildegard Müller, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), wies jetzt darauf hin, dass seit Einführung der Stromliberalisierung 1998 die Preise für Erzeugung, Verteilung und Vertrieb um 8% gestiegen sind, während die staatlichen Abgaben und Steuern im gleichen Zeitraum um 178% angehoben wurden. Wer „zockt“ da ab, wenn nicht der Staat?

Die Schizophrenie der deutschen staatlichen Energiepolitik mit dem Effekt der Strompreiserhöhung, wird auch durch das von Philipp Rösler (FDP) zurecht kritisierte Negativbeispiel der Photovoltaik-Förderung deutlich. Die Hälfte der Fördersumme aus der Umlage der Erneuerbaren Energien – so übereinstimmend Philipp Rösler und Hildegard Müller – entfallen auf die Photovoltaik bzw. Solarenergie, obwohl diese Technologie gerade einmal 3% des deutschen Strombedarfs deckt. Hildegard Müller wurde sogar in einem Beitrag in der „Rhein-Zeitung“ deutlicher: Die Stromkunden, also wir alle, hätten allein 2011 über die EEG-Umlage 13,5 Milliarden (dies sind in „Langform“ 13.500 Millionen Euro) an die Betreiber regenerativer Energieanlagen ausgezahlt. Von dieser enormen Summe, doppelt so hoch wie der Länderfinanzausgleich des Jahres 2009, entfallen allein sage und schreibe über 55% in die Photovoltaik, die, wie bereits erwähnt (aber man kann es nicht oft genug sagen) mit lächerlichen 3% zum deutschen Strombedarf beiträgt. Und obwohl diese Technologie in Deutschland so überdurchschnittlich extrem gefördert wird, ist die deutsche Industrie für Solarmodule am Abkippen und zeichnet sich durch Insolvenzen aus. Solarmodule werden heute vor allem in China und in den USA produziert. Dies hörte sich einmal bei der Einführung der regenerativen Energien ganz anders an. Vom Exportschlager und Innovationsvorsprung der deutschen Solarindustrie war die Rede, von einem Beschäftigungsfaktor, der die neuen zukunftsfähigen Arbeitsplätze in Deutschland schaffen würde. Ja, es stimmt – die neuen Hightech-Arbeitsplätze sind entstanden, allerdings in China. In Deutschland dürfen dann die Dachdecker auf den Häusern mit Photovoltaik-Anlagen herumwerkeln. Den ehrenwerten Dachdecker-Beruf gab es aber schon immer …

Energiewende nur mit einem Energiemix

21 Jahre gibt es nun bereits die Förderung der Erneuerbaren Energien. Das damals energiepolitische Baby steht immer noch nicht auf eigenen Füßen. Wir wollen die umweltfreundliche Stromerzeugung – dies ist doch keine Frage. Aber die Energiewende, etwa mit Windenergie, funktioniert nur in realistischen Bahnen mit einer hohen Absicherung der Versorgungssicherheit. Und mit einer preislichen Belastung, die sowohl für den Produktionsstandort Deutschland (von dem leben wir nämlich alle) als auch für die Bevölkerung verkraftbar ist. Wer die Energiewende ernstlich will, muss bereit sein, diese abzusichern – durch Gaskraftwerke und auch durch die inzwischen umweltpolitisch durchaus vertretbare und emissionsarme modernste Stein- und Braunkohleverstromung, längst Hightech pur. Wer dies nicht verstehen will, wird sein blaues Wunder erleben, sei es durch nicht mehr bezahlbare Stromkosten oder durch das Abwandern energieintensiver Unternehmen, die für ihre Produktionsabläufe viel Stromenergie (und jederzeit zur Verfügung stehende) benötigen. Dies würde dann richtig weh tun, wenn Heere von Arbeitsplätzen verlustig gingen. Es muss noch erlaubt sein, darauf rechtzeitig hinzuweisen.

Das Reizthema Kernenergie ist den Grünen durch den Ausstiegsbeschluss von Angela Merkel genommen. Jetzt achten die Deutschen, wie man sieht, wieder stärker auf den Geldbeutel. Träumereien machen sie spätestens am Wahltag nicht mit, zumindest dann nicht, wenn es an das „Eingemachte“ geht; an den Wohlstand der Bevölkerung durch die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Arbeitsplätze. Die Energiewende, dies musste allen klar sein, ist nicht zum Nulltarif zu bekommen. Neue erforderliche Leitungen, etwa für die Offshore-Windenergie auf dem Meer, kosten neben der Akzeptanz vor allem viel Geld. Dies belastet natürlich die Energiepreise. Die Energiewende mit der politisch beschlossenen Verabschiedung aus der Kernkraft bietet zweifelsohne auch große Chancen. Erlaubt sein muss aber auch die Frage, was die Energiewende in Deutschland bringt, wenn etwa ein neben Frankreich weiteres befreundetes Land wie Polen soeben durch seinen Wirtschaftsminister Waldemar Pawlak in einem Interview mit der F.A.Z. verkündet, dass die Entscheidung für den Bau von Atomkraftwerken unweit der deutsch-polnischen Grenze gefallen sei. Eine Energiewende ist halt keine nationale Sache Deutschlands alleine.

 

Letzte Änderung am Dienstag, 20 Juni 2017 11:03
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag