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Das falsche Signal zur falschen Zeit

Preisrätsel an Saskia Esken: Wer hat ab wann starke Schultern? Preisrätsel an Saskia Esken: Wer hat ab wann starke Schultern? © Pixabay

Eine Corona-Vermögensabgabe

Saskia Esken hat einen Vorschlag zur Finanzierung der Corona-Krise gemacht. Es wäre besser gewesen, wenn die SPD-Parteivorsitzende in diesen kritischen Zeiten geschwiegen hätte. Ihr Vorschlag ist denkbar kontraproduktiv und passt so ganz und gar nicht in eine Zeit, in der bereits unzählige Unternehmen infolge Corona mit dem Rücken zur Wand stehen. Aktuell erleben wir einen Zweifrontenkrieg gegen das Corona-Virus: Bund und Länder kämpfen mit der Medizin gegen die Pandemie und die Unternehmen stemmen sich gegen den Zusammenbruch der gesamten deutschen Volkswirtschaft. Neben kleinen Firmen aus verschiedenen Branchen sind bereits größere und große Unternehmen von Auftragsstornierungen und Kurzarbeit betroffen. Und genau in dieser Zeit – in der Politik, Medizin, Wirtschaft und Gesellschaft ganz andere Sorgen haben – schlägt Esken eine Vermögensabgabe der „starken Schultern“ zur Bewältigung der Corona-Krise vor. Und selbstverständlich, wie könnte es anders sein, dürfen der Linken-Parteichef und MdB Bernd Riexinger und sein Parteifreund Dietmar Bartsch (Fraktionsvorsitzender der Linken) nicht fehlen: Während Riexinger auf „Vermögen ab einer Million Euro“ eine Abgabe von 5 Prozent fordert, hat es Bartsch „auf große private Vermögen“ abgesehen.

Man fragt sich, ob Esken, Riexinger und Bartsch den Bezug zur Realität verloren haben oder einfach nur ein populistisches Gerede verbreiten, um sich bei Corona-Geschädigten beliebt zu machen. Denn selbst Arbeitnehmer, die aufgrund der Corona-Krise in Kurzarbeit sind, verstehen die anbiedernden Forderungen nicht. Sogar die Grünen, ansonsten der Einführung einer „Reichensteuer“ durchaus nicht abgeneigt, haben durch ihren Bundestags-Fraktionschef Toni Hofreiter den Vorschlägen des rot-roten Trios eine Abfuhr erteilt: „Wir sollten jetzt erst einmal alle Kräfte darauf richten, gut durch diese Krise zu kommen“, so Hofreiter.

Realitätsverlust

Besonders ärgerlich bei dem Vorstoß von Esken, Riexinger und Bartsch ist wieder die Schwammigkeit in der Argumentation. Was meint Esken mit „starken Schultern“, ab wann und bei wem sind diese aus ihrer Sicht vorhanden? Und weshalb das Drumherumgerede? Es ist beim bekannten Weltbild der SPD-Chefin doch klar, wen sie mit „starken Schultern“ meint, nämlich die „Reichen“ als Feindbild ihres so herbeigesehnten demokratischen Sozialismus. In einer Zeit, in der eigentlich die gesamte Gesellschaft zusammenhalten muss, spielt sie mit dem Feuer. Haben wir in Deutschland aktuell Zeit für ideologische „Reichen“-Diskussionen? Was meint andererseits Linken-Riexinger mit einem Vermögen ab einer Million Euro? Was versteht er konkret unter Vermögen? Kennt er überhaupt den Unterschied zwischen flüssigem Vermögen und Anlage- bzw. Produktivvermögen? Ein Buchvermögen von einer Million hat beispielsweise schon ein Haus- und zusätzlicher Grundstücksbesitzer in städtischen Regionen, selbst wenn der Hauskredit noch abgezahlt werden muss. Hat daran Riexinger gedacht? Ab welcher Höhe definiert schließlich sein Parteifreund Bartsch „große private Vermögen“? Darf es etwas deutlicher sein? Peinlich ist es, wenn etwa Saskia Esken volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen erkennbar nicht versteht. Sie hat medienwirksam von einem Bar- und Anlagevermögen der deutschen Bevölkerung von „rund 6.000 Milliarden Euro“ gesprochen. Das hört sich gewaltig an, vor allem wenn man nicht 6 Billionen sagt! Warum sagt sie 6.000 Milliarden Euro und nicht 6 Billionen? Die Antwort ist leicht, sie will mit 6.000 Milliarden „Stimmung machen“.

Doch was verbirgt sich hinter den, sagen wir es richtig, 6 Billionen Euro? Ein Blick in die Bundesbank-Berichte verdeutlicht: Ein relativ kleiner Anteil sind Bargeld und Sparguthaben. Je etwa ein Drittel steckt, erstens, in noch nicht fälligen Lebensversicherungen bzw. Pensionsansprüchen sowie, zweitens, in Wertpapieren, die aber Kursschwankungen unterliegen. Will Esken an die Lebensversicherungsverträge und damit an die Altersvorsorge der Deutschen ran? Und schließlich, nur zur Aufklärung für Frau Esken, müssen natürlich beim Vermögen der „6.000 Milliarden Euro“ schließlich die Schulden abgezogen werden. Das Netto-Vermögen abzüglich der Schulden beträgt dann noch ca. 4 Billionen Euro (mit Lebensversicherungen und Pensionsansprüchen). Diese Summe reduziert sich dann bei 41.000.000 deutschen Privathaushalten auf 98.000,oo Euro je Haushalt inkl. Lebensversicherungen und Pensionsansprüche.

Liquiditätsprobleme wegen Corona

Somit bleiben in der Lesart Saskia Esken als „starke Schultern“ offensichtlich die Unternehmen, die Familienunternehmer sowie die privaten Investoren (die jedoch überwiegend mit ihren Investitionen Arbeitsplätze schaffen oder sichern). Erkennbar will Esken die „reichen“ Familienunternehmer, Unternehmen und private Investoren mit einer Vermögensabgabe belasten. Einmalig sagt sie zwar, doch wie wir alle aus den Erfahrungen des „Soli“ wissen, verselbständigen sich eingeführte Regelungen, einmal beschlossen, auf eine lange Dauer. Doch die zu schröpfenden „starken Schultern“ sitzen gerade wegen Corona nicht auf einem Geldsack. Bereits bei 65% der deutschen Familienunternehmen ist durch Corona nach Angaben des Branchenverbandes „Die Familienunternehmer“ die betriebliche Leistung aufgrund der verringerten Nachfrage um 50% gefallen. Bei einem Drittel der befragten Unternehmen wird es kurzfristig zu Liquiditätsproblemen kommen. In Nürnberg kämpft ein bekannter Autozulieferer, ein führender Bordnetze-Hersteller, derzeit um das blanke Überleben. Wer kauft derzeit aus dem Kreis der privaten Haushalte eine Immobilie oder ein Fahrzeug bzw. E-Auto, wenn die Kunden Angst um die Zukunft haben? Frau Esken, so Reinhold von Eben-Worlée (Präsident des Verbands Familienunternehmer), habe die Wirkung des Corona-Virus noch nicht verstanden, denn Corona sorge auch dafür, dass Tausenden Unternehmen die Luft ausgehe mit der vorhandenen Gefahr eines „Pleite-Tsunami“.

Wie man vor diesem Hintergrund falsche Signale zur falschen Zeit setzen kann, ist schleierhaft. Einerseits stützt der Staat zurecht kleinste Firmen, mittelständische und auch größere Unternehmen, die durch Corona vor enormen Belastungen stehen, auf der anderen Seite sollen nach Saskia Esken die angeschlagenen Unternehmen die Staatshilfen in ihrer extrem kritischen Situation selbst mitfinanzieren. Ein Schwachsinn hoch 3 – Modell Saskia Esken! Zur Ehrenrettung der SPD muss man allerdings sagen, dass sie mit Olaf Scholz in der Bundesregierung einen Finanzminister stellt, der für Spinnereien wohl nicht zu haben ist, auch wenn sie aus eigenen Reihen kommen. Aber auch einen Scholz können ja Esken, Kühnert & Co irgendwann und irgendwie von der Front nehmen. Darin liegt das Dilemma der Sozialdemokratie. Sie hat immer noch neben Olaf Scholz vernünftige Politiker, etwa Niedersachsens Ministerpräsident Stephan-Peter Weil oder Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher. Es sind übrigens die SPD-Repräsentanten, die noch Wahlen gewinnen können.

Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag