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Fußball: Das große Geschäft

Noch ist die Faszination Fußball ungebrochen. Noch ist die Faszination Fußball ungebrochen. © Pixabay

Der Ball rollt wieder

Endlich wieder Fußball – seit 24. August spielen die Bundesligisten wieder um Punkte. Doch die angeblich „schönste Nebensache der Welt“ wurde schon lange zu einem knallharten Business. Opas Sonntagsvergnügen (damals wurde vorwiegend am Sonntag gespielt) mit einer Identifikationsbildung in den frühen Nachkriegsjahren ist Geschichte. Fußball gespielt wird natürlich immer noch – aber er wurde zum Background des großen magischen Dreiecks Fußball – Wirtschaft – Medien. Die wirtschaftliche Dimension des bezahlten Fußballs entspricht einem globalen Großunternehmen. Nach einer Studie der Beratungsgesellschaft Deloitte generieren allein die fünf wichtigsten Ligen in Europa (England, Spanien, Frankreich, Italien und natürlich Deutschland) einen Umsatz von 15 Milliarden Euro. Allein auf die Bundesliga entfallen davon 2,8 Milliarden Euro und auf Deutschlands „Branchenführer“ FC Bayern ca. 590 Millionen Euro.

Die Faszination Fußball (international zeigte sich das jetzt wieder bei den Fernseh-Einschaltquoten während der Weltmeisterschaft in Russland) ist ungebrochen. Und diese Faszination ist der Grund für das Engagement der Wirtschaft, der Medien und auch privater Sponsoren. Dabei geht es natürlich nicht vordergründig um Image – es überwiegen knallharte geschäftliche Interessen. Wirtschaft, Medien und Sponsoren profitieren vom Interesse eines Millionenpublikums als Kundenpotenzial. Nur dann fließen in erster Linie die enormen Finanzzuwendungen etwa in Form von Sponsoring oder Trikotwerbung. Die Eintrittsgelder in die Stadien sind längst zu einer Randgröße geworden. Lediglich 20% der Einnahmen der Vereine entfallen auf diesen Bereich. Haupteinnahmequellen sind Werbe- und Medienrechte (über 50%), Merchandising (je nach Verein zwischen 7 und 9%); der Rest entfällt auf Spielertransfers und Sonstiges.

Strukturveränderung Fußball

Die Kommerzialisierung des Profifußballs spiegelt sich auch an der Strukturveränderung wider. Die Eintrittsgelder für die VIP-Logen sind eigentlich nur noch über Firmen darstellbar. Die Streckung über drei bis vier Spieltage und die Festlegung unterschiedlicher Anstoßzeiten hat nur den einen Zweck, nämlich die Interessen der übertragenden privaten Fernsehgesellschaften zu befriedigen. Auch da geht es nur vermeintlich um den Fußball. In erster Linien sollen Werbespots für teures Geld vermarktet werden. Dies geht schon so weit, dass gelegentlich die Anstoßzeiten versäumt werden, weil schnell noch vor dem Anpfiff eine Werbung untergebracht werden muss. Ohne Fußball hätten private Fernsehsender wie „Sky“ einen enormen Verlust ihrer Geschäftsgrundlage. Aus diesen Gründen werden die Übertragungsrechte bei internationalen Wettbewerben immer mehr zu einem Pokerspiel. Für die neue Champions League 2018/2019 ging z.B. das ZDF leer aus. Die Übertragungsrechte sicherte sich der Streamingdienstleister DAZN, eine Aktivität des britisch-amerikanischen Multimilliardärs Sir Leonard Blavatnik über dessen britische Perform-Group. Bei der neuen Champions League ist „Sky“ lediglich Trittbrettfahrer bei den wichtigsten Spielen.

Auch das Trikot-Merchandising – die Trikots, selbstverständlich mit Aufdruck des jeweiligen Sponsors, kosten zum Teil bis zu 100 Euro – hat nur einen Zweck: Werbeträger zu sein! Es geht nur am Rand um die Förderung des geliebten Vereins. So sollen beim Wechsel von Cristiano Ronaldo von Real Madrid zum Agnelli-Club Juventus Turin der italienische Rekordmeister mindestens 300.000 Juve-Trikots mit Ronaldos Namen und der Nummer 7 (die britische Qualitätszeitung „The Guardian“ nannte sogar 520.000 Trikots) zum Preis von ca. 99 Euro verkauft worden sein. Dies würde dann den enormen Transferpreis von ca. 112 Millionen Euro für Ronaldo relativieren. Allerdings gab es sowohl in der italienischen Öffentlichkeit, als auch angeblich im Familien-Clan Agnelli (FCA Fiat-Chrysler und CNH Industrial) Kritik. Zwar sind die beiden riesigen Konzerne unter Einfluss von Italiens größter Industriellenfamilie Agnelli, die auch Eigner von Juventus Turin ist, mit einem Umsatz von 138,3 Milliarden Euro in einer komfortablen Ertragslage, doch werden in den italienischen Hauptwerken von FCA und CNH Industrial Kostensenkungsprogramme infolge des Ronaldo-Transfers kritisch beobachtet.

Freilich – so wird berichtet – rentiert sich auch im kleineren Maßstab das Trikot-Sponsoring. So hat der fränkische Versicherer Nürnberger Versicherungsgruppe (er ist Hauptsponsor des 1.FC Nürnberg) seinen Bekanntheitsgrad allein durch die Trikotwerbung beim in ganz Deutschland populären Traditionsverein ausbauen können. Man darf nicht vergessen, dass die Club-Fans – oft nicht nur an den Spieltagen – durch das Tragen der Shirts ständig auch Werbung für den Versicherer gewährleisten. Freilich sind gerade Vereine wie der 1. FC Nürnberg oder der TSV 1860 München durch die Kommerzialisierung und die Strukturveränderung beim Fußball oft böse unter die Räder gekommen. Unter dem Erfolgsdruck haben sich viele Vereine verschuldet. Von dieser Entwicklung blieben selbst so große Vereine wie der HSV, der ohne seinen Förder Klaus-Michael Kühne (Kühne+Nagel) vermutlich Konkurs hätte anmelden müssen, nicht verschont. Wenn der Erfolg zwei drei Jahre ausbleibt, droht den Vereinen der bittere Abstieg in die Vergessenheit. Wer spricht heute noch – außerhalb der Pfalz – etwa vom 1. FC Kaiserslautern? Das große Business, mit dem Zwang zu großen Investitionen in Spielermaterial, hat auch diesen Verein leider überrollt.

Wenn sich die Politik sonnt…

Natürlich hat in einer Mediengesellschaft der Bundesligafußball auch eine Faszination auf die Politik. Deren Repräsentanten, z.B. auch die Bundeskanzlerin, möchten sich sonnen und suchen daher – oft wird es dabei peinlich – die Nähe zu den Vereinen und deren Fans. Zu den Peinlichkeiten gehören dabei auch Besuche in den Umkleidekabinen. Der Zweck ist nicht die Sympathie für die Spieler oder deren Vereine, sondern der öffentlichkeitswirksame Auftritt mit dem Zweck der persönlichen Imagepflege und vor allem die Gewinnung von Wählerstimmen. Die Politik hat längst den Stellenwert des Fußballs in der Gesellschaft erkannt. Auf der anderen Seite suchen auch die Bundesligavereine den Kontakt zur Politik, deren Hilfe gerne beim Bau neuer Stadien in Anspruch genommen wird. Zwar sind Bundesligavereine auch erstklassige Werbeträger für das Standortmarketing der jeweiligen Städte – auf der anderen Seite wäre ein Großvorhaben wie die Allianz-Arena in München ohne eine positive Begleitung durch die Politik nicht darstellbar gewesen. Das beginnt beim Genehmigungsverfahren und schließt u.a. die Verkehrsanbindung mit ein. Auch die verstärkt zunehmenden Ausschreitungen durch Teile der Fans erfordern verstärkte Polizeieinsätze, die zum negativen Politikum wurden. Nicht wenige stellen immer hartnäckiger die Frage, weshalb der Steuerzahler die Kosten der Polizeikräfte für den Einsatz in großen Wirtschaftsunternehmen des Fußballs übernehmen soll.

Fußball sei, so der Soziologe Lars Riedl in einem Beitrag für die Bundesszentrale für politische Bildung, (neben der Ausübung des Sports selbst) zu einem Kulturgut geworden. Kulturgüter des Sports könnten, so Riedl weiter, auch wieder an Relevanz in der Gesellschaft verlieren. Der Fußball seht an einem Scheideweg.

Letzte Änderung am Mittwoch, 29 August 2018 09:10
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag