Politik - Märkte - Energie - Mobilität

Der Supergau für Angela Merkel und Deutschland

Der Supergau für Angela Merkel und Deutschland Pixabay

Trump-Interview als deutliche Ansage

Das erste Interview, das der künftige US-Präsident Donald Trump dem Londoner Weltblatt „The Times“ und BILD kurz vor seinem Amtsantritt gab, war ein Paukenschlag, der nicht nur in der Weltpresse ein lebhaftes Echo fand, sondern auch die Strukturen der NATO und der EU erheblich in Frage stellt. Vor allem aber war es ein Supergau für Angela Merkel. Wer für Trump in Europa die erste Geige spielt, machte er klar. Die britische Regierungschefin Theresa May wird bereits unmittelbar nach der Vereidigung des neuen Präsidenten einen Termin bei Trump bekommen. Die „Special Relationship“ sind nicht unterzukriegen. Trump und May haben bereits ein direktes Handelsabkommen zwischen den beiden angelsächsischen Mächten angekündigt. Dies untergräbt die Position der Kanzlerin – und natürlich der EU – bei den Brexit-Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich ganz erheblich.

Brexit als großartige Sache

Im Gegensatz zu Merkel & Co (und den Merkel’schen Befehlsempfängern in Brüssel) bezeichnet Trump den Brexit als großartige Sache, die den Briten ihre eigene Identität zurückgebe. Dies war eine weitere volle Breitseite gegen die Kanzlerin. Solche Aussagen wären in Deutschland ein Königsmord gewesen. Die Abwertung des Pfunds verschafft laut Trump Großbritannien im Wettbewerb auf den Weltmärkten eher Vorteile: Eine völlig konträre Einschätzung gegenüber der Brexit-Beurteilung von Merkel. Trump macht die Bundeskanzlerin ziemlich unverblümt durch ihre „katastrophale Flüchtlingspolitik“ für den Brexit mitverantwortlich. Ein regelrechter Donnerschlag, nachdem sie noch unmittelbar nach dem Votum der Briten sagte, diesen Schuh (Die Mitverantwortung für den Brexit) nicht anziehen zu wollen.

In Deutschland ist man sich offenbar auch noch nicht bewusst über die Tatsache, dass die Kanzlerin aufgrund der NATO-Reserviertheit des neuen Präsidenten dringender denn je sicherheitspolitisch auf die Atommacht Großbritannien angewiesen ist; auch und gerade weil das Land die EU verlässt. Die EU-Länder können die globalpolitische Sicherheit Europas ohne Großbritannien schlicht vergessen, wenn gleichzeitig die Vereinigten Staaten unter Trump ihre Sicherheitsbeiträge in Europa zurückfahren. Der künftige US-Präsident fordert zurecht mehr eigene europäische Anstrengungen. Er will eine Reform des Bündnisses.

Hauptpartner für Trump ist in Europa das Vereinigte Königreich

Nicht Deutschland oder die EU spielt daher in der globalen Sicherheit Europas die erste Geige, sondern das Vereinigte Königreich, das kurz nach dem Brexit und nach dem Amtsantritt von May mit den Stimmen von Labour beschlossen hat, seine bisher schon wirkungsstarke interkontinentale atomare U-Bootflotte mit einem gewaltigen finanziellen Kraftakt zu erneuern (Der WirtschaftsReport Juli 2016 auf Seite 7). Indem Trump die europäischen NATO-Länder zu mehr Engagement für ihren Schutz auffordert und anderseits das Vereinigte Königreich traditionell seinen eigenen Weg mit den Vereinigten Staaten geht, wird automatisch die Position Frankreichs gegenüber Deutschlands stark ansteigen. Denn wer ist nach dem britischen Verlassen der EU in Europa im Bereich der militärischen Sicherheit als strategischer Partner noch wichtig? In erster Linie Frankreich – nicht Deutschland. Immerhin ist die Grande Nation eine Atommacht. Die Franzosen sind sich ihrer gestärkten Position in einer veränderten EU nach dem Verlassen der Briten durchaus bewusst.

Die „Macht“ von Merkel, so sie überhaupt nochmals Kanzlerin wird, ist auf jeden Fall dahin, wenn sie überhaupt je wirkliche Macht hatte. In Europa wird man nicht mehr nach ihrer Pfeife tanzen. Sie ist heute isoliert. „Freund“ Obama ist in wenigen Tagen Geschichte, Hollande demnächst. Die Spielregeln bei den Brexit-Verhandlungen bestimmt weniger die EU und schon überhaupt nicht Deutschland. Theresa May braucht bei den Verhandlungen aufgrund der neuen Lage mit Trump nur die sicherheitspolitische Karte ziehen.

Deutschland als Nassauer

Trump kritisierte im Times-Interview erneut, dass viele NATO-Länder, dazu gehören insbesondere Deutschland, für ihre Sicherheit zu wenig zahlen und sich auf die Vereinigten Staaten und Briten verlassen. Diesen Schutz wird es künftig ohne enorme finanzielle Kraftakte der europäischen NATO-Staaten künftig nicht mehr geben. Lediglich vier Staaten von 26 europäischen Bündnispartnern erfüllten ihre Verpflichtungen: Großbritannien und Polen sowie die relativ kleinen Staaten Griechenland und Estland. Deutschland hingegen gab nur kümmerliche 1,19% vom BIP für Verteidigung aus (Quelle Statistisches Bundesamt – NATO-Ausgaben im Überblick).

Auch die künftige Entwicklung der EU sieht Donald Trump sehr kritisch. Er ist davon überzeugt, dass weitere Staaten die EU verlassen würden. Tatsächlich – keine Frage – hat die Bundeskanzlerin mit ihrer Flüchtlingspolitik Europa enorm geschadet. Die osteuropäischen Länder Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn stehen in offener Konfrontation zur Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. Österreich kritisiert Deutschland diesbezüglich schon mehr als dezent. Und schließlich ist es durchaus möglich, dass auch Italien und die Niederlande der EU wichtige Kompetenzen entziehen. In Italien wird laut darüber nachgedacht, die Eurozone zu verlassen. Mittelfristig könnte es sogar in Frankreich zu einem politischen Erdbeben kommen, wenn es dem künftigen Präsidenten nicht gelingt, den Franzosen das Gefühl der eigenen Identität zurück zu geben.

Trump bescheinigte der Kanzlerin Versagen

Für die Bundeskanzlerin waren – da gibt es nichts zu beschönigen – die Ankündigungen von Donald Trump im jetzigen Interview ein Supergau. Sie bekam vom demnächst mächtigsten Mann der Welt schlicht bescheinigt, dass ihre Flüchtlingspolitik ein katastrophaler Fehler war und ist; in den folgenden Brexit-Verhandlungen ist sie geschwächt. Dafür sorgen die „Special Relationship“ und das sicherheitspolitische Gewicht des Vereinigten Königreichs. Großbritannien braucht nur – wie oben schon erläutert – die militärstrategische Rolle im NATO-Bündnis ziehen. Hinter den Kulissen wird es auch längst zugegeben: die Bedingungen in den Brexit-Verhandlungen diktiert eher das Vereinigte Königreich. Motto: Macht ihr Ärger beim Handel, piesacken wir beim militärischen Flankenschutz. Merkel setzt auch nach dem Trump-Interview auf die eigene Kraft – aber die Karten sind längst anders gemischt. Sie muss ja schon um Termine für das Weiße Haus betteln. Es stimmt einfach auch die Chemie zwischen Merkel und Trump nicht. Die amerikanische Administration hat sehr wohl das nicht zu übersehende Bekenntnis zu Hillary Clinton im Wahlkampf registriert.

Naive Einschätzung rächt sich

Auch die durch den EU-Politiker Manfred Weber (CSU) nach dem Trump-Interview angekündigte Kraftmeierei („Auch wir können die Daumenschrauben für die US-Konzerne anziehen“) wirken einfach albern und lächerlich. Allein die Vereinigten Staaten erwirtschaften ein wesentlich größeres Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zur EU. Die mit Abstand größte Wirtschaftsmacht der Welt, die Vereinigten Staaten, sind z.B. inzwischen Deutschlands wichtigster Handelspartner. Über die Frage, wer da am längeren Hebel sitzt, braucht wohl unter klar denkenden Menschen nicht diskutiert werden. Es zeigt sich immer mehr, dass die deutsche Politik, insbesondere ihre führenden Repräsentanten, unglaublich naiv waren als sie einseitig auf Hillary Clinton setzten. Dies musste ja ganz zwangsläufig zu Verstimmungen im Trump-Lager führen. Wie will z.B. ein künftiger Bundespräsident Steinmeier, der Trump regelrecht undiplomatisch böse (siehe unten) beleidigte, seinem Kollegen in den Vereinigten Staaten gegenübertreten?

Außenminister Steinmeier bezeichnete Trump als Hassprediger, Vizekanzler Gabriel als Vorreiter einer neuen autoritären und chauvinistischen Internationalen und Verteidigungsministerin von der Leyen war vom Wahlsieg Trumps geschockt. Besonders unklug waren die Belehrungen der Kanzlerin für Trump: Unter der Voraussetzung, dass dieser die demokratischen Grundwerte einhalte, sei Deutschland bereit, mit den USA eine faire Partnerschaft einzugehen. Dies wirkte auf das Trump-Lager lächerlich. Eine unglaubliche Arroganz der Kanzlerin, eine unglaubliche Ungeschicktheit. Darf man sich daher wundern, dass Deutschland bei Trump zunächst hinten anstehen muss? Nein. Deutschland, seine Politiker und auch seine Medien, die voller Häme gegen Trump anschrieben, müssen noch viel lernen.

Letzte Änderung am Freitag, 07 April 2017 11:37
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag