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Wasser predigen – Wein trinken:

Wasser predigen – Wein trinken: © spdfraktion.de (Susie Knoll / Florian Jänicke)

Peer Steinbrück fehlt leider das Profil zum Kanzler

Mit der Nominierung von Peer Steinbrück zum Kanzlerkandidaten gelang der deutschen Sozialdemokratie kein guter Start. Der Mann mag zu Zeiten der Großen Koalition unter Bundeskanzlerin Angela Merkel ein guter Finanzminister gewesen sein (und dies war er auch) – aber zur Übernahme von noch mehr Verantwortung ist er nicht geeignet. Es fehlt ihm für das internationale Geschäft eines Bundeskanzlers die notwendige Diplomatie. Dieser Tatbestand lässt sich auch nicht mit schneidigen Phrasen des Peer Steinbrück übertünschen. Dass dieser Kanzlerkandidat auch nicht ansatzweise das Format eines SPD-Kanzlers Gerhard Schröder – von großen Persönlichkeiten wie Willy Brandt und Helmut Schmidt ganz zu schweigen – besitzt, darüber sind sich nicht wenige Sozialdemokraten hinter vorgehaltener Hand einig.

Peer Steinbrück hat den Ruf eines Raubeins und Poltergeistes. Einen Poltergeist kann man zwar gelegentlich gebrauchen, aber weniger auf dem internationalen Parkett. Wer wegen vermeintlicher Steuerhinterziehungen mit einem der besten Nachbarn Deutschlands, der Schweiz, völlig unnötige Scharmützel beginnt, ist für höhere Aufgaben wie der eines Bundeskanzlers schlicht nicht geeignet. Mit der Kavallerie in die Schweiz einmarschieren, dies mag zwar aus der Sicht von Steinbrück originell sein – diplomatisch war dieses törichte Gerede ein Super-Gau. Entscheidend war und ist, wie unsere Freunde in der Schweiz dieses „Geschwätz“ von Steinbrück werten. Und die Schweiz, einer der treuesten Investoren in die Bundesrepublik, war „not amused“. Siehe hierzu auch unseren Kommentar „Bitte mehr Mäßigung“ in unserem September-Report 2012.

Kaum als Kandidat gekürt, haben die Nebeneinkünfte von Peer Steinbrück für erhebliche Irritationen und Aufregungen gesorgt. Wer Wasser predigt, sollte selbst keinen Wein trinken. Populistisch sich bei „den kleinen Leuten anbiedern“ und hohe Gehälter von Entscheidungsträgern, die nach Lesart von Steinbrück in keinem Verhältnis zu den Löhnen einer Kassiererin im Supermarkt stünden, anprangern – dies ist die eine Seite. Für einen Vortrag von den Stadtwerken Bochum 25.000 Euro billigend in Kauf zu nehmen – dies ist die andere Seite. Für ein schriftliches Interview von einem deutschen Baukonzern mindestens 7.000 Euro zu nehmen, dies ist schon mehr wie bemerkenswert. Wenn man dieses Honorar für die sieben oder acht Antworten – ein Zeitaufwand von vielleicht einer halben Stunde – auf monatlich ca. 170 Stunden hochrechnet, kommt man (zusammen mit den anderen Einkünften) auf ein Einkommen, das sich hinter den Bezügen eines Vorstandschefs keineswegs zu verstecken braucht.

Im Falle der renommierten Mannheimer Bau- und Dienstleistergruppe Bilfinger kam noch erschwerend hinzu, dass Steinbrück die Honorierung durch die Mannheimer eben nicht nennt. Brisant ist dabei, dass er sich zum Thema „Öffentliche Private Partnerschaften“ äußerte. Er hat sich dafür eingesetzt, dass private Bau- und Dienstleisterkonzerne wie Bilfinger öffentliche Aufgaben finanzieren und über Entgelte betreiben. Der Baukonzern finanziert dabei etwa einen Autobahnabschnitt und erhält dafür die Maut. Dies muss übrigens nicht verkehrt sein, aber eine politische Persönlichkeit sollte auch ansatzweise nicht den Verdacht der Einvernahme aufkommen lassen.

Ob Steinbrück Nebeneinkünfte von einer halben oder mehr wie eine Million Euro erhielt – dies ist nicht das Kriterium. Wir wollen keine Neiddiskussion. Das Kriterium ist vielmehr „Wasser predigen und Wein trinken“. Und genau derartige Verkündiger sind nicht glaubwürdig. Es ist auch ein absoluter Unsinn, wenn die Führung der Sozialdemokratie nun sagt, Steinbrück habe jetzt alles offen gelegt, was übrigens – siehe Bilfinger – nicht stimmt. Dies ist so, wie wenn Otto Normalverbraucher seine Verfehlungen zugibt und dann Absolution erwartet. So geht dies aber nicht, wenn man Bundeskanzler werden will.

In das Bild des Peer Steinbrück passt auch, dass einer seiner Berater – inzwischen hat man sich getrennt – auch schon einmal im Umfeld der Hedgefonds gearbeitet hat, die immerhin der ehemalige SPD-Chef Franz Müntefering als „Heuschrecken“ bezeichnete. Alles in allem fehlt Steinbrück ein gewisses Gefühl für die Wahrnehmung seiner Entscheidungen und Fehler in der Öffentlichkeit. Wenn er mit „der Kavallerie“ in die Schweiz will (als Deutscher sollte man aus bekannten Gründen mehr wie zurückhaltend sein), dann fehlt ihm jegliches Gespür, wenn er gleichzeitig extrem vom „Schlage nimm“ ist. Mit einem Wort: Peer Steinbrück fehlt Format und Profil für das Amt eines Bundeskanzlers. Ach hätten die Sozialdemokraten doch die brave und tüchtige NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft genommen. Die Frau hat Augenmaß. Vielleicht will sie irgendwann doch noch Kanzlerin werden ...

 

Letzte Änderung am Donnerstag, 04 Mai 2017 14:30
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag