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Herausforderungen im neuen Jahr

Es möge gelingen. Es möge gelingen. © Pixabay

Zum Jahreswechsel 2019/2020

Eigentlich ist ein Jahreswechsel ein Ritual. Die Menschen ziehen eine Bilanz über das alte Jahr und verknüpfen für den neuen kommenden Zeitabschnitt Wünsche und Hoffnungen. Waren jemals die Erwartungen der Deutschen bei einem Jahreswechsel klein? Keineswegs und dennoch wird Deutschland gerade im Jahr 2020 mit ganz besonderen und konkreten großen Belastungen konfrontiert: politisch, wirtschaftlich und mit der immer deutlicher werdenden aufbrechenden Polarisierung in der Gesellschaft (siehe Beitrag „Die zerrissene Republik“). Welche Rezepte hat die Bundesregierung unter Angela Merkel? In der Außenpolitik hat sie sich in eine Zwickmühle im Fadenkreuz der Vereinigten Staaten, Russlands und Chinas manövriert. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron befindet sich inzwischen gegenüber der Kanzlerin auf Distanz. Wie kam nur die unangenehme Situation, eben die Zwickmühle, zustande?

Das Verhältnis zum wichtigsten Partner Deutschlands, dies sind nach wie vor die Vereinigten Staaten, ist angespannt. Gleich an zwei Fronten (mit enormen wirtschaftlichen Auswirkungen) haben die Amerikaner einen enormen Druck auf Deutschland aufgebaut. In der für die Digitalisierung so wichtigen 5G-Mobilfunktechnik prophezeien die USA die angebliche und allerdings nicht bewiesene Gefahr der chinesischen Spionage im wirtschaftlichen und militärischen Bereich, wenn Deutschland das Technologieunternehmen Huawei beim Aufbau der 5G-Technik beteiligt. Die Vereinigten Staaten haben bereits Konsequenzen angedroht, sollte Deutschland nicht solidarisch sein und Huawei berücksichtigen. Mit ähnlichen sicherheitspolitischen Vorzeichen wird Deutschland von den Vereinigten Staaten beim Gasprojekt Nord Stream II unter Zugzwang gebracht.

Um diese Gasleitung, die immerhin ca. 10 Milliarden Euro kostet, doch noch verhindern zu können, haben die Amerikaner jetzt Sanktionen gegen auch deutsche Investoren und ausländische Baufirmen, die am Projekt Nord Stream 2 beteiligt sind, erlassen. Grundlage ist ein neues amerikanischen Gesetz „zum Schutz der europäischen Energiesicherheit“. Der „Schutz“ wäre zwar, wenn überhaupt, Sache der Deutschen bzw. Europäer, aber die USA haben einseitig ein Junktim zur gesamten westlichen Sicherheit deklariert. Die Sanktionen belasten die derzeit ohnehin angespannten Beziehungen Deutschlands zu den Vereinigten Staaten. Die Bundesregierung sieht im Verhalten der Vereinigten Staaten „einen schweren Eingriff in die inneren Angelegenheiten Deutschlands und Europas und der eigenen Souveränität“ (Olaf Scholz, Vizekanzler und Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland).

Zwischen allen Stühlen

Doch wie wollen die Deutschen und die Europäer insbesondere beim Projekt Nord Stream II reagieren, zumal sich die EU-Staaten selbst nicht einig sind? Im Bundestag sind z.B. die Grünen aus angeblich umweltpolitischen Gründen (eigentlich völlig unverständlich) gegen das Projekt, obwohl gerade Gas einen wichtigen Beitrag zur CO2-Reduzierung leistet. Beugen sich die Deutschen den Amerikanern, ist der Ärger sowohl in Russland (Gas) als auch in China (Huawei) programmiert. Dies ist das Dilemma der Bundesregierung. Für Deutschland eine unangenehme Situation, die nur schwer zufriedenstellend gelöst werden kann. Mit Gegenmaßnahmen aus Deutschland lässt sich die amerikanische Administration jedenfalls nicht beeindrucken.

Zu allem Unglück wird Deutschland direkt und indirekt mit dem Brexit der Briten konfrontiert. Die Strategie des Aussitzens der EU, verbunden mit Druck gegenüber dem Vereinigten Königreich, ist nicht aufgegangen. Der britische Premier Boris Johnson hat einen überzeugenden Wahlsieg – bewusst vor dem Hintergrund des Brexit – bei den Unterhaus-Wahlen erzielt und die EU wird wohl oder übel mit den Briten ein vernünftiges Handelsabkommen abschießen müssen, zumal Großbritannien als atomares NATO-Mitglied eine wichtige Rolle in der europäischen Sicherheitspolitik einnimmt. Das Vereinigte Königreich ist für die deutsche Wirtschaft einer der wichtigsten Märkte. Bereits aus EU-Kreisen vernehmbare Äußerungen, demnach die Verhandlungen für ein Handelsabkommen mit Großbritannien ein Jahr dauern könnten, sind Unfug. Die Verhandlungen, wenn man nur will, können in wenigen Wochen beendet sein. Eine weitere offene Flanke für die Weltwirtschaft, und somit auch für Deutschland, sind schließlich immer noch die Handelsauseinandersetzungen der Vereinigten Staaten mit China, wenn auch jetzt eine gewisse Entspannung eingetreten ist.

Wirtschaftspolitisch hat sich Deutschland als führender Automobilhersteller durch Intentionen der Bundesregierung, wieder einmal, wie beim Ausstieg aus der Kernenergie, zu schnell und unüberlegt für den Hype und Hoffnungsträger E-Mobilität entschieden, ohne zu wissen, ob sich letztendlich weltweit diese Antriebstechnologie langfristig durchsetzen wird. Die Bundeskanzlerin hat vor dem Druck der Klimaaktivisten und einer kleinen NRO-Organisation kapituliert. Führende Wettbewerber aus Japan und Südkorea beurteilen hingegen die E-Mobilität durchaus nicht als glorreiche Zukunft. Realistische Rahmenbedingungen der Bundesregierung für die deutsche Automobilindustrie sollten daher für eine gewisse Zeitachse technologieoffen sein. Mittelfristig könnte die Wasserstofftechnologie sogar durchaus die bessere Alternative zum Benzin- und Dieselmotor sein. Dies alles verunsichert im neuen Jahr sowohl die Autokunden, die trotz aller politisch verordneten Anreize noch lange nicht vom reinen Elektroantrieb überzeugt sind. Dies gilt auch für die deutsche Automobilindustrie selbst, zumal die Elektrofahrzeuge keineswegs wie behauptet die großen „Klimaretter“ sind. Aber dies wäre ein eigenes Thema.

Was geschieht, wenn die Investitionen der deutschen Autohersteller in die E-Mobilität nicht aufgehen, weil reine Elektrofahrzeuge möglicherweise Ladenhüter werden? Trotz enormer Werbung und Unterstützung durch die Politik werden reine E-Autos vom deutschen Markt nur sehr reserviert angenommen. Der modernste Diesel der neuesten Generation sollte daher noch lange eine Zukunft haben, zumindest bis sich die weltweite Autoindustrie auf eine bestimmte Antriebstechnologie geeinigt hat. Möglicherweise machen Deutschland und die EU in einem Alarmismus zu schnell und ohne Not die deutsche Schlüsselindustrie Automobilwirtschaft kaputt. Es droht ein enormer Verlust von Arbeitsplätzen. Was dann in den Jahren ab 2020?

Deutschland überschätzt sich beim Klima

Ebenfalls ohne Not hat sich Deutschland – ohne andere wichtige globalpolitische Aufgaben zu sehen – einseitig den teilweise hysterischen Klimadiskussionen unterworfen. Auch wurde und wird bei den Klimazielen, so diese überhaupt realistisch sind, die Rolle Deutschlands überschätzt. Wenn die notwendige Balance zwischen Ökologie und Ökonomie nicht gelingt, wenn die Menschen durch den Verlust ihrer Arbeitsplätze Existenzgrundlagen verlieren, wird sich die Stimmung in Deutschland schnell ändern. Aus einem Hype könnte sich bald eine Bürgerwut entwickeln.

Bereits jetzt ist eine unglaubliche gesellschaftspolitische Polarisierung in Deutschland erkennbar. Die Klimadiskussion wurde und wird auf die ideologische Schiene mit der Beschneidung von Lebensqualität abgestellt. Völlig vernachlässigt wurde die von zahlreichen Wissenschaftlern geforderte mögliche Lösung der Klimaproblematik mit technischen Innovationen. Der starke Ausbau der Wind- und Solarenergie erfordert noch sehr lange einen Reservepark konventioneller Kraftwerke – ansonsten ist die Sicherung mit elektrischer Energie in Frage gestellt, zumal die geforderte E-Mobilität, sollte sie in Deutschland real werden, Strom in Massen benötigt. Derzeit sind in Deutschland ca. 47 Millionen PKW im Bestand. Woher wird der enorme Strombedarf für die E-Mobilität kommen, wenn der erwähnte Bestand theoretisch in einer gewissen Zeit auf E-Fahrzeuge umgestellt würde?

Es ist naiv und unrealistisch, wenn Deutschland meint, Klimaentwicklungen aufhalten zu können, zumal die Vereinigten Staaten (übrigens schon vor Präsident Trump durch dessen Vorgänger Obama) eine Klimahysterie nicht mittragen. Die Amerikaner wollen Wohlstand, sie wollen auch künftig Kreuzfahrten buchen, sie wollen fliegen und in ihrem Land unendlich weite Distanzen mit dem Auto zurücklegen können, ohne Angst, im riesigen mittleren Westen auf abgelegenen Überlandstraßen keine Stromladestelle zu finden. Amerika lebt und funktioniert anders – deshalb machen die Amerikaner eine Klimahysterie in der überwältigenden Mehrheit nicht mit. In wenigen Jahrzehnten werden 10 Milliarden Menschen die Erde bevölkern. Sie alle wollen Energie, Infrastruktur, Verkehrswege, Wohnungen und vor allem Arbeitsmöglichkeiten. Was im kleinen Deutschland, so es überhaupt gelingt, an CO2 gespart wird, wird auf der anderen Seite allein durch den Mehrverbrauch der extrem anwachsenden Weltbevölkerung weit überkompensiert. Das Prinzip der Fabel vom Hasen und Igel lässt grüßen.

Ideen und Mut sind gefragt

Deshalb müssen kluge Wissenschaftler und Ingenieure neue Ideen für den Kampf gegen CO2 entwickeln. Die noch nicht reife Kernfusion, die übrigens mit der Kernkraft nichts zu tun hat, gehört dazu und würde allein einen Durchbruch bei der erheblichen weltweiten Reduzierung des CO2 – Verbrauchs ermöglichen. Aber auch kleine und real schon vorhandene Kernreaktoren, die sogenannten Flüssigsalzreaktoren, die eine Kernschmelze ausschließen, oder Laufwellen-Reaktoren, wurden in den USA entwickelt und stehen unmittelbar vor der Markteinführung. Ein wichtiger Impulsgeber wurde in den Vereinigten Staaten die von Bill Gates gegründete Gesellschaft TerraPower.

Leider wurde in Deutschland oft zu schnell resigniert. Ein Beispiel waren Innovationen und Chancen bei der thermischen Stromerzeugung, die leider voreilig aufgegeben wurden. Die deutsche Wirtschaft – Siemens etwa – stand im konventionellen Bereich vor der Realisierung eines emissionsfreien Kohlekraftwerks – es hätte weltweit ein Exportschlager werden können. Zu schnell haben politische Rahmenbedingungen insbesondere in Deutschland sinnvolle Entwicklungen verhindert.

Deutschland – dies ist die eigentliche Botschaft – muss wieder das Land der Ideen und Innovationen werden und weniger der Bedenkenträger. Deutschland braucht für 2020 mehr Erfolgsgeschichten und weniger Hiobsbotschaften. Deutschland braucht insbesondere 2020 wieder mehr Mut und den Glauben an seine Kompetenzen. Vielleicht könnte dann sogar der Trend des Verlassens Deutschlands durch zahlreiche junge Führungskräfte gestoppt werden.

Wichtige Weichstellung

Viel hängt auch von einer wichtigen Weichenstellung außerhalb Deutschlands ab. Am 3. November 2020 findet, in der Bedeutung weit über die Vereinigten Staaten hinausgehend, eine zentrale Entscheidung für die wirtschaftliche und politische Zukunft statt. Die Amerikaner wählen dann wieder ihren Präsidenten. Amtsinhaber Donald Trump (man glaubt es kaum) befindet sich ab 2020 im letzten Amtsjahr seiner laufenden Präsidentschaft. Der Präsident wird sich aber zur Wiederwahl stellen. Seine Chancen, erneut das mächtigste Land der Welt zu führen, sind sogar eher noch gewachsen. Den Amerikanern geht es unter Trump gut wie lange nicht mehr, die Arbeitslosenziffern befinden sich in einem Rekordtief und die GIs wurden, wie von Trump bei seinem Amtsantritt versprochen, in keine großen Kriege verwickelt. „Rekordhalter“, gemessen an Kriegstagen, sind übrigens die Präsidenten Barack Obama, gefolgt von George W. Bush. Die wirtschaftlichen Erfolge von Trump sind unbestritten und dies zählt für das amerikanische Volk. Das inszenierte Amtsenthebungsverfahren wird sich wohl zum Rohrkrepierer entwickeln – nicht nur, weil die Republikaner im Senat die Mehrheit haben.

Trump wird aber in einer möglichen zweiten Amtszeit noch stärker seine politischen Vorstellungen umsetzen, weil Bedenken um eine Wiederwahl dann nicht mehr bestehen. Nach zwei Amtsperioden ist in den Vereinigten Staaten für einen Präsidenten definitiv Schluss! Doch zunächst dürfte ein weiterer Sieg von Donald Trump am 3. November 2020 für viele deutsche Unternehmen ein Signal sein, noch stärker in den Vereinigten Staaten zu investieren. Damit würden mögliche Zollbarrieren beim Markteintritt USA umgangen und gleichzeitig der verfinsterten wirtschaftspolitischen Stimmung in Deutschland entgegengewirkt.

Weltweit wird das Jahr 2020 wohl nicht leicht, aber es kann – Vernunft vorausgesetzt – gelingen.

Letzte Änderung am Samstag, 04 Januar 2020 10:34
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag

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