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Mobilfunk 5G entwickelt sich zum Politikum

Polit-Thriller: Die USA befürchten Spionage-Angriffe über das 5G-Mobilfunknetz, wenn Chinas Vorzeigeunternehmen Huawei in Deutschland Netztechnik-Ausrüster wird. Polit-Thriller: Die USA befürchten Spionage-Angriffe über das 5G-Mobilfunknetz, wenn Chinas Vorzeigeunternehmen Huawei in Deutschland Netztechnik-Ausrüster wird. © Pixabay

Huawei und die Netzinfrastruktur

Die neue Generation des Mobilfunks entwickelt sich zu einem Polit-Thriller! Beteiligt sind verschiedene Akteure, die Vereinigten Staaten zuallererst, ihre Verbündeten, die derzeit ein 5G-Netz aufbauen und last but not least China mit seinem Vorzeigeunternehmen Huawei. Die USA wollen offensichtlich China als Rivale um die vielleicht künftige wirtschaftliche Vorherrschaft kleinhalten, koste es was es wolle. Es geht aus der Sicht der US-Regierung um angebliche Spionage Chinas durch Huawei-Technologie und somit um die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten; es geht aber vor allem auch um sehr viel Geld und auch um Wettbewerbsverzerrungen, wenn Ausrüster wie Huawei beim Aufbau der für 5G notwendigen Netztechnik ausgeschlossen werden sollen. Und ist der politische Ärger um 5G nicht schon groß genug, gibt es auch schon in Deutschland Einwendungen von Verbraucherschutzorganisationen, die vor einer Gesundheitsgefährdung durch elektromagnetische Strahlen warnen. 5G, so scheint es, ist – zumindest in Deutschland – ein Stück aus dem politischen Tollhaus.

Impulsgeber für Wirtschaftswachstum

Doch was ist eigentlich 5G? Zunächst ganz einfach die 5. Generation – und dies kommt ja auch im Namen zum Ausdruck – im Mobilfunk. Vor allem die Wirtschaft drängt auf die schnelle Einführung von 5G, weil die neue Technik die Voraussetzung für neue Zukunftsfelder wie selbstfahrende Fahrzeuge, Künstliche Intelligenz und schließlich für die bessere Umsetzung der Produktionssteuerung unter dem Stichwort Industrie 4.0 (die Optimierung der Digitalisierung in der Industrie) ist. Voraussetzung dafür ist die enorme Geschwindigkeit der Datenübertragung, die bei 5G hundertmal schneller gegenüber der Vorgängertechnik 4G sein soll. Für Endverbraucher wird z.B. eine störungsfreie Übertragung etwa in ICE-Zügen – bisher immer noch ein Ärgernis – möglich. Soweit, so gut! Für die Mobilfunkbranche selbst, insbesondere für Netztechnik-Ausrüster wie Huawei, Cisco (USA), Ericsson, Nokia oder Samsung, stellt 5G ein riesiges Business dar. 160 Milliarden Euro pro Jahr werden weltweit in den Ausbau des Mobilfunks investiert, wie der Branchenverband GSMA mitteilte. 5G ist somit ein wichtiger Impulsgeber für Wirtschaftswachstum.

Die US-Administration moniert aber nicht nur die angebliche Spionage. Huawei würde beim Aufbau der 5G-Netztechnik insbesondere in Schwellenländern durch attraktive Finanzierungsangebote aufgrund günstiger Kredite der chinesischen Staatsbanken den Wettbewerb verzerren. Auch in Deutschland und im Vereinigten Königreich unterbiete Huawei im Preis Wettbewerber wie Ericsson oder Nokia. Freilich ist auch dies Kaffeesatzleserei, weil niemand, außer Huawei selbst bzw. seine chinesischen Hausbanken, die Kalkulationsgrundlagen und Kreditkonditionen für das chinesische Vorzeigeunternehmen kennt. Wir befinden uns also eher im Graubereich der Vermutungen und Verdächtigungen. Wie unglaubwürdig im Markt argumentiert wird, zeigen auch diverse Studien zu den Marktanteilen, weil einige Analysten das amerikanische Unternehmen Cisco zu den Vollanbietern in der Netztechnik zählen. Cisco, das keine Basisstationen und Antennen für 5G anbietet, ist allerdings mit einem geschätzten Anteil von 80% Marktführer bei den gesamten Internet-Traffics. Allerdings soll die US-Regierung Cisco animieren, die gesamte allumfassende Infrastruktur für 5G anzubieten, um einen mächtigen Gegenpol gegenüber Huawei zu schaffen.

Ist die Kritik der Vereinigten Staaten nun berechtigt, oder wollen die Amerikaner nur einen unliebsamen Wettbewerber mit Stammsitz in China verdrängen oder disziplinieren? Zumindest die zuletzt genannten Gründe des Wettbewerbs im weltweiten Informatik-Umfeld wären nicht überzeugend, weil gerade in der Informatik- und Halbleiterindustrie inklusive Elektronik und insbesondere mit Services Unternehmen aus den Vereinigten Staaten in der weltweiten Positionierung eine erdrückende Übermacht haben, wie die Armada der folgenden Unternehmen (aufgezählt nach dem ABC) zeigt: AMD, Apple, Cisco, Facebook, Globalfoundries, Google/Android, HP Inc., IBM, Intel, Microchip, Microsoft, Nvidia, Oracle, Qualcomm, Texas Instruments und viele weitere neue interessante Start-up Unternehmen aus dem US-Staat Kalifornien. Und dennoch hat Huawei z.B. im Teilsegment des Endkundengeschäftes mit Smartphone den Riesen und Platzhirsch Apple auf den 2. Platz verwiesen. Es ist also gut möglich, dass diese Tatsache die Amerikaner „wurmt“, nicht nur Apple. Aber nochmals: gefährlicher in der Öffentlichkeit sind natürlich die Vorwürfe der US-Regierung zum Thema Spionage und Gefährdung der nationalen Sicherheit – Argumente, mit denen die Vereinigten Staaten einen enormen Druck auch gegenüber Deutschland aufbauen.

Zwar hat die Bundesregierung jetzt signalisiert, dass Huawei nicht grundsätzlich beim 5G-Netzausrüstungsgeschäft in Deutschland ausgeschlossen wird, doch inzwischen gibt es auch Druck innerhalb Deutschlands. Ehemalige Präsidenten der Geheimdienste BND und Bundesverfassungsschutz haben Sicherheitsbedenken gegenüber Huawei angemeldet. Insbesondere Ex-Bundesverfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen hat in einem Interview, ausgerechnet in der chinakritischen Epoch Times, vor einer Beteiligung von Huawei gewarnt und selbst Spitzenpolitiker der Grünen und der FDP haben sich dieser Kritik angeschlossen. Fakt ist aber auf jeden Fall, dass andererseits die Vereinigten Staaten ihre Vorwürfe gegen Huawei bisher nicht belegt haben. Somit befinden wir uns im Konjunktiv. Auch haben die Amerikaner die Verbannung von Huawei vom US-Markt nicht auf die Wettbewerber Ericsson und Nokia übertragen, die ja immerhin zentrale Komponenten nach eigenen Angaben in China fertigen. Insofern müsste man ja auch in der Logik der Amerikaner Bedenken gegen Ericsson und Nokia haben, so China tatsächliche finstere Absichten der Spionage unterstellt werden.

Schwer vorstellbare Szenarien

Es ist schlichtweg nicht vorstellbar, dass sich – Huawei als seriöses Unternehmen ohnehin nicht – die chinesische Führung auf ein derartig riskantes Spiel, wie das der Militärspionage der Vereinigten Staaten via 5G, einlassen würde, weil über kurz oder lang solche Dinge herauskommen. Dies hat das Beispiel des Abhörens der Telefongespräche der Bundeskanzlerin gezeigt. Dazu ist die Angst in China zu groß, beim Auffliegen einer Spionage dann den mit Abstand wichtigsten Abnehmer chinesischer Produkte, dies sind nun einmal die Vereinigten Staaten, zu verlieren. Es wäre für die Wirtschaft Chinas eine Katastrophe, verbunden mit einem Rückschlag, den das Land sofort zurückwerfen würde. Dieses Risiko geht die Führung in Peking nicht ein. Insofern könnten die Befürchtungen von Hans-Georg Maaßen ad-acta gelegt werden. Auch müsste in China davon ausgegangen werden, dass die Vereinigten Staaten über Kontrollmechanismen verfügen, um Spionage im Netz aufzudecken. Wenn nun einerseits die Vereinigten Staaten nach wie vor die Geschäftswelt der gesamten Informatik einschließlich Prozessoren und Service-Diensten von Google/android anführen und andererseits eine Spionage Chinas via 5G aus den vorgenannten Gründen nicht vorstellbar ist, bleibt dann immer noch die Frage, weshalb die Vereinigten Staaten das Unternehmen Huawei trotzdem instrumentalisieren. Die Antwort ist relativ einfach: Huawei ist ein Aushängeschild chinesischer Kompetenzen und wird zum Spielball machtpolitischer Interessen, zum Hintergrund eines Polit-Thrillers im globalen Spiel. Fürchten müssen die Amerikaner, jedenfalls auf absehbare Zeiten, China auch wirtschaftlich keineswegs. Man betrachte nur das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Vereinigten Staaten und Chinas, um zu erkennen, dass da noch Welten im Unterschied liegen.

Für Deutschland wäre ein Ausschluss von Huawei auf jeden Fall gefährlich, weil die Bundesrepublik natürlich auch nicht ansatzweise über die Kraft und den Einfluss der Vereinigten Staaten gegenüber China verfügt. Man anderen Worten: was die Vereinigten Staaten an „Geschützen“ gegen China auffahren können, kann Deutschland natürlich nicht annähernd. Die deutsche Wirtschaft muss immer auch den für seine Industrie so wichtigen Kunden China sehen! Außerdem, so ist zumindest im Markt zu hören, soll Huawei in der Netztechnik für 5G über unbestrittene Kompetenzen verfügen. Huawei sei, so Mobilfunkbetreiber, nicht nur preislich attraktiv, sondern schlichtweg besser! Vieles spricht somit für Huawei. Aber der Druck der Vereinigten Staaten auf Deutschland ist groß und ob es letztendlich Berlin wagt, Washington, immerhin der wichtigste Partner und Verbündete Deutschlands, gleich zweimal vor den Kopf zu stoßen (die Amerikaner wollen ja neben 5G auch das russische Erdgasprojekt Nord-Stream 2/Gazprom und somit die Versorgung Deutschlands mit russischem Erdgas verhindern), wird abzuwarten sein, zumal ja die EU in Brüssel ebenfalls gegenüber Huawei Bedenken hat. Die Suppe ist für Huawei in Sachen 5G in Deutschland noch nicht ausgelöffelt – siehe FDP und Grüne. Vielleicht gibt es einen Kompromiss und vielleicht ändert sogar US-Präsident Donald Trump seine Meinung zum Thema Huawei. Wenn Polit-Thriller das Geschehen dominieren, hat es leider die Ratio schwer!

Letzte Änderung am Mittwoch, 23 Oktober 2019 10:20
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag

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