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Politische Hysterie um Russland

Wladimir Putin – alter und neuer Präsident der Russischen Föderation – muss sich vieler politischer Angriffe aus dem Ausland erwehren. Wladimir Putin – alter und neuer Präsident der Russischen Föderation – muss sich vieler politischer Angriffe aus dem Ausland erwehren. © Kreml

Präsidentenwahl – Giftgasanschlag – Sanktionen

Das derzeitige Gezeter vor der Fußballweltmeisterschaft 2018 in Russland erinnert fatal an die Hysterie im Vorfeld der Olympischen Spiele Sotschi 2014, die vom 7. bis 23. März 2014 stattfanden. Da gab es zwar bürgerkriegsähnliche Zustände auf dem Maidan in der ukrainischen Hauptstadt Kiew, aber die Krim konnte damals nicht der Grund für die Medienschelte gegen Russland sein; sie wurde erst später nach einer Zustimmung der Krim-Bevölkerung von 95,5% Bestandteil der Russischen Föderation. Dennoch war sowohl das Vorfeld der Sotschi-Spiele, als auch die Eröffnungsfeier von vielen deutschen Medien in der Berichterstattung „ideologisch geprägt und reichlich unfair“, wie damals zurecht Ex-Kanzler Gerhard Schröder befand.

Das Trommelfeuer in den Medien war enorm: Sotschi seien Putins Spiele der Propaganda sowie dessen Selbstdarstellung mit einer PR-Maschinerie. Sotschi würde im umstrittenen Ruf sogar noch die Peking-Olympiade übertreffen und überhaupt, so damals, stünde Sotschi für die Verletzung der Menschenrechte in Russland und dies alles bei einer gigantischen Umweltzerstörung durch die teuersten Spiele aller Zeiten. Die Hysterie war schier grenzenlos und führte sogar zur Boykottierung der Eröffnungsfeier durch den damaligen Bundespräsidenten Gauck, im Nachhinein eine politisch falsche Entscheidung.

Boykott

Heute erleben wir eine Copie! Großbritanniens Außenminister Boris Johnson stellte wegen der russischen Präsenz in Syrien einen Boykott der Fußball-Weltmeisterschaft zur Diskussion und prompt fragte BILD, ob die Welt Gast bei Feinden sein könne. Können wir zur WM in ein Land fahren, das, so weiter BILD, „mutmaßlich – erneut – hinter einem Gift-Attentat in England steht“ ? UK-Premierministerin Theresa May ging sogar noch weiter. Für sie ist es eine ausgemachte Sache, dass Russland hinter dem Gift-Anschlag vom 4.3.2018 in Salisbury steht. Konkrete Beweise hat sie bis zum heutigen Tage nicht vorlegen können, aber sie schritt zur Tat und wies 23 russische Diplomaten aus dem Vereinigten Königreich, obwohl Russland sich bereiterklärte, bei den Ermittlungen der britischen Behörden behilflich zu sein. Doch für May ist offenbar die Unschuldsvermutung ein Fremdwort. Russland müsse beweisen, dass es nichts mit dem Anschlag zu tun habe. Ein komisches Rechtsverständnis im Mutterland der Demokratie, denn in jedem Rechtsstaat muss die Anklage Beweise für ihre Anschuldigungen vorlegen.

Inzwischen hat die Hysterie extreme Formen angenommen. Die Reihen wurden von Großbritannien im Westen geschlossen und nach Lesart der NATO und der USA kann hinter dem Anschlag nur Russland stehen. Russland hat inzwischen ebenfalls 23 britische Diplomaten ausgewiesen und auf westlicher Seite werden wieder einmal weitere Sanktionen gegen Russland erwogen. Just in diesem Umfeld fand in Russland die Wahl des Präsidenten statt und wiederum wurden weitgehend ungeprüft kritische Argumente oppositioneller Wahlbeobachter zur Wahl übernommen. Inzwischen sickern immer mehr Meldungen durch, die May’s voreiliges Urteil in Frage stellen. Dennoch mauern die britischen Behörden und stellen weiterhin keine Informationen zum Giftanschlag Russland zur Verfügung. Offensichtlich haben die Briten nach wie vor keine Beweise und wissen nicht, wie sie aus der Defensive kommen. May, so scheint es, hat wie bei der vorgezogenen Unterhauswahl, bei der sie sich gewaltig verzockte und eine komfortable absolute Mehrheit verspielte, offensichtlich voreilige Festlegungen getroffen.

Amerikaner wollen mit allen Mitteln Nord Stream 2 verhindern

Inzwischen muss der Giftanschlag auch als Motiv für die Verhinderung des energiepolitischen Großprojektes der Gaspipeline Nord Stream 2 herhalten. Insbesondere löse Russland einen Flächenbrand in Osteuropa aus. 39 US-Senatoren „fordern daher die US-Regierung auf, alle zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um den Bau von Nord Stream 2 zu verhindern“, heißt es in einem Schreiben. Doch in Wirklichkeit dürfte es den Amerikanern nicht um Bedenken der Ukrainer, Polen und der Staaten im Baltikum gehen. Vielmehr geht es um das Ausschalten einer Konkurrenz, wie auch Klaus Ernst, Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestages, betont. Die Senatoren verfolgen nämlich eigene wirtschaftlichen Interessen von US-Staaten, in denen verflüssigtes Gas (LNG) eine wichtige Rolle spielt. Mit der Verhinderung von Nord Stream 2 soll Russland als Konkurrent für das amerikanische Flüssiggas, das durch Fracking gewonnen wird, ausgebremst werden.

Für Ernst – und übrigens auch für Peter Ramsauer, Vorgänger von Ernst als Wirtschaftsausschussvorsitzender – ist das Verhalten der Amerikaner ein nicht hinnehmbarer einmaliger Vorgang. Ernst: „Was nicht geht, ist die Einmischung und Intervention der Amerikaner mit der Androhung von Sanktionen gegen Unternehmen, die an der Planung und Herstellung der Pipeline durch die Ostsee beteiligt sind“, und für Peter Ramsauer sind die Argumente der Gegner von Nord Stream 2 durchschaubar. Nord Stream 2 ist ein Beitrag einer zuverlässigen und wettbewerbsfähigen Energieversorgung mit der immer wichtiger werdenden Ressource Erdgas, insbesondere für Deutschland. Alle Einwendungen gegen Nord Stream 2 gehen am Kernthema des zunehmenden Bedarfs für den Energieträger Erdgas in Europa vorbei. So wird nach Einschätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) der Energieverbrauch in den nächsten Jahen drastisch zunehmen. Dabei nimmt Erdgas eine immer bedeutender werdende Rolle ein.

 

Letzte Änderung am Montag, 26 März 2018 13:53
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag

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